Verstümmelung

Da schau an: beinahe pünktlich zur 1. GameParents.de e.V. Eltern-LAN schießt sich ausgerechnet die GameStar wieder einmal durch fragwürdige Medieninhalte ins Abseits. Wenn das die Eltern wüßten, die uns morgen besuchen kommen. Schlimm genug, dass man im Hause IDG neuerdings wohl der Meinung ist, dass Info-Newsletter aus der Redaktion auch ganz offen als gekaufte Werbefläche zu präsentieren sind (dass das Resultat eines Spiele-“Tests” bei GameStar und Co. abhängig vom Testergebnis des hereingeschneiten Geldhaufens ist, vermute ich ja bereits länger). Nun hat man sich zu allem Überfluss aber auch noch gedacht, Werbung als redaktionellen Inhalt zu verkleiden allein reiche nicht aus, um als hochgradig sittenwidrig und medienrechtlich völlig daneben angesehen zu werden. Stattdessen werfen die Redaktionen um die Herren Trier und Schwerdtel auch noch alle Jugendschutz-Vorsätze über Bord, scheißen auf das positive Image, dass sie der Spielebranche im Laufe der letzten Jahre durch mühsam zusammengestrickte Artikel über die Funktionstüchtigkeit des deutschen Jugendschutzes überzustülpen versucht haben und scheuen sich nicht, Inhalte, die es aufgrund ihrer Bedenklichkeit nicht auf die Beilagen-DVDs der regulären Kiosk-Fassungen beider Magazine schaffen würden, einfach frei für alle zugänglich auf ihrer Website zu präsentieren.

Mit Verlaub, aber: Was von der USK mit einem ab 18 Siegel versehen wurde (oder mit gar keinem, weil der dargestellte Gewaltgrad weit über das hinaus geht, was die USK als kennzeichnungswürdig hält), darf nicht nur am Kiosk als Beilage einer Zeitschrift nicht für Kinder und Jugendliche zugänglich gemacht werden. Wer sowas im Internet präsentiert, sollte sich darüber im klaren sein, dass das höchstoffiziellen Ärger mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) nach sich ziehen könnte. Nein: muss. Denn dass der mit Sicherheit nicht gerade niedrige Anteil all der minderjährigen Besucher auf den GameStar- und GamePro-Websites völlig uneingeschränkten Zugang zu sämtlichen Inhalten der Videoarchive hat (ohne Altersverifikation etc., wohlgemerkt), dürfte die Damen und Herren beim USK- und FSK-Pendant für Online-Medien vor Freude die Klageschriften schwenken lassen. Juchee.

Ach ja: Auslöser dieses kleinen Ausrasters sind die aktuellen Testvideos zu Dead Space (bei GameStar.de) und Gears of War 2 (bei GamePro.de). Und komm mir keiner mit journalistischer Sorgfaltspflicht oder sowas. Und ja: auch ich habe die Schnauze gestrichen voll von all diesen dummen Verboten und undurchsichtigen Regelungen, was nicht sein darf, was kann und was muss, aber wenn so ein Mumpitz schon in Kraft ist und in absehbarer Zeit keine Besserung in Sicht ist, dann sollte doch zumindest gleiches Recht für alle gelten. Giga etwa hat nicht von ungefähr schon vor Jahren eine “23-Uhr-Stunde” eingeführt. Und über die TV-Mattscheiben flimmern nicht umsonst Hinweise der Sorte “Diese Sendung ist für Zuschauer unter 16 (18, 39, 84) Jahren nicht geeignet”. Wenn die GameStar mit sowas durchkommt, dann fang ich auch bald an, Videoreviews vom bis dahin mit Sicherheit längst indizierten Gears of War 2 zu drehen und dabei 10 Minuten lang nur Kettensägenmassaker und fliegende Gliedmaßen zu präsentieren.

P.S.: verdammt, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich den Artikel bei nochmaligem Korrekturlesen vermutlich sofort wieder in die Tonne kloppen müßte, weil er zu angreifbar ist, aber just in diesem Augenblick ist mir das irgendwie schnurz.

13 Comment

  1. Die Gamepro tat selbiges auch schon bei GoW 1.
    Video war auf der ab 18 Version.Artikel für alle online auf der Seite. View all comments by Lyesmith

  2. Als wuerden solche komischen Ansagen TV auch nur irgendeinen Zuschauer unterhalb der Altersgrenze davon abhalten, sich das entsprechende Programm anzuschauen… da kann man auf sowas meiner Meinung nach auch gleich ganz verzichten. Ist doch sowieso alles nur Show.

    Zumal ich definitiv fuer ein freies Internet mit Zugang fuer jeden bin. View all comments by Yuri

  3. Endlich ne Webseite bei der ich an Gewaltvideos komm! Gibts auch sowas für Pornos? *sabber*

    Ne, Spaß beiseite: Definitiv gleiches Recht für alle. Da bin ich der gleichen Meinung, aber ich stimme auch Yuri zu, da diese komische Altersverifikation, wie z.B. bei Gametrailers, mal überhaupt nix bringt. View all comments by MasteRehm

  4. Theoretisch sollte es schon etwas bringen, da theoretisch die Eltern den Konsum ihrer Kinder halbwegs überwachen sollten und deswegen theoretisch es auch sehen würden, wenn etwas nicht für ihre Kinder gedacht ist.
    Theoretisch… View all comments by danowar

  5. Tjaja. Theoretisch ist alles möglich.
    Praktisch war das Bild des interessierten Vaters gestern anzusehen, der sich auf unsere Eltern-LAN verirrt hatte, der ganz plötzlich kreidebleich wurde, als er in unserer Infobroschüre entdeckte, dass es sowas wie Youporn gibt und dass man dort auf einen Klick an alles kommt, was das Voyeuristen-Herz begehrt.
    Manchmal müssen Erziehende erst aus allen Nachlssigkeits-Wolken fallen, bevor ihnen aufgeht, was sie bislang in der Erziehung falsch gemacht haben.
    Dass der gute Mann nicht sofort nach Hause gesprintet ist, um den heimischen Computer gegen derlei Angebote zu sperren, sondern tatsächlich noch die Ruhe hatte, sich den Rest der Veranstaltung anzuschauen, fand ich dann schon regelrecht bewundernswert 😉 View all comments by Christian

  6. @danowar: Genau, Eltern sitzen ja bekanntlich immer daneben und schauen zu, was ihre Kinder machen. Weil die auch nix anderes wichtiges zu tun haben… arbeiten oder ein Privatleben haben oder so. Und so’n paar Teenagern macht das sicherlich auch gar nichts, wenn Mama daneben sitzt und etwas ueber die Schulter schaut beim Surfen. Mhm.

    Also meiner Mutter haette ich was erzaehlt, haette die das bei mir mal versucht… allerdings hat sie mich auch sonst die meisten Medien ‘einfach so’ konsumieren alssen. Sie hat mir eben vertraut, dass ich weiss, was gut fuer mich ist. Warum sollten Kinder weniger Recht auf Zensurlosigkeit haben als Erwachsene? View all comments by Yuri

  7. [quote]Sie hat mir eben vertraut, dass ich weiss, was gut fuer mich ist. Warum sollten Kinder weniger Recht auf Zensurlosigkeit haben als Erwachsene?[/quote]

    Weil Kinder/Jugendliche eben nicht immer bereits das Urteilsvermögen von Erwachsenen besitzen. Mit welcher Lebenserfahrung soll denn ein 13-Jähriger wissen, was gut für ihn ist? Er weiß hauptsächlich, was ihm Spaß macht. Nennst du das Verbot von hartem Alkohol für Jugendliche auch Zensur? Die müssen doch wissen, was gut für sie ist. View all comments by laZee

  8. “Nennst du das Verbot von hartem Alkohol für Jugendliche auch Zensur?”

    Wenn man ganz hart ist, ja.

    Warum soll man mit der Beendigung des 18. Lebensjahrs denn ploetzlich die Weisheit mit Loeffeln gefressen und Dinge beurteilen koennen, die zu einzuschaetzen einem vorher angeblich nicht moeglich gewesen sein sollte?

    Ich denke, jeder kann selbst nachdenken – und je aelter man wird, desto ausgepraegter wird diese Faehigkeit bei den meisten natuerlich. Trotzdem kann man aber auch schon in juengeren Jahren meines Erachtens angemessen genug entscheiden, wie man mit sich selbst und sienem Koerper umzugehen hat. Bzw. falls nicht, gilt das immerhin genauso fuer Erwachsene – wie viele rauchen oder trinken denn oder nehmen andere Drogen?

    Ja, ich sage, Menschen sind fuer sich selbst verantwortlich. Ist fuer manche vielleicht gruselig, aber fuer alle anderen letztendlich nur gerecht [weil es ja nicht heisst, dass jeder dazu verpflichtet ist, seine eigenen Entscheidungen zu treffen und ihnen zu folgen]. View all comments by Yuri

  9. Ich denke, jeder kann selbst nachdenken – und je aelter man wird, desto ausgepraegter wird diese Faehigkeit bei den meisten natuerlich. Trotzdem kann man aber auch schon in juengeren Jahren meines Erachtens angemessen genug entscheiden, wie man mit sich selbst und sienem Koerper umzugehen hat. Bzw. falls nicht, gilt das immerhin genauso fuer Erwachsene – wie viele rauchen oder trinken denn oder nehmen andere Drogen?

    Ich in ja im Grunde immer noch der Meinung, dass der Mensch an sich bescheuerter und dümmer ist als so manche Beutelratte und man ihm eigentlich nichtmal die Wahl der eigenen Klamotten überantworten dürfte, geschweige denn die Verantwortung für solch tiefgreifende Entscheidungen wie Kindererziehung oder Familiengründungen im Generellen.
    Aber auf mich hört ja keiner. Also setze ich mich weiterhin für mehr Verantwortungsbewußtsein in der Erziehung ein.

    Denn VON WEM BITTESCHÖN SOLLEN KINDER ES SONST LERNEN??? HÄ???? View all comments by Christian

  10. Denn VON WEM BITTESCHÖN SOLLEN KINDER ES SONST LERNEN??? HÄ????

    OHH JA. Wahre Worte, wahre Worte… View all comments by MasteRehm

  11. Aehm… selbst nachdenken? Ausserdem sage ich ja nicht, dass Eltern nicht mit ihren kindern reden sollen. Aber es besteht meiner Ansicht nach ein Unterschied zwischen “drueber reden und dann selbst entscheiden lassen” und “verbieten” – wobei man aus letzterem wohl eher noch weniger lernt, da einem die Auseinandersetzung prinzipiell erstmal verboten wird mit dem Argument “bist du zu doof fuer, verstehst du eh [noch] nicht”.

    Und wenn sowieso alle Menschen dumm sind, ist es ja ohnehin egal, da sie dann auch kein anderer mehr retten kann.

    Ich jedenfalls finde es einfach ‘falsch’ und ungerecht, zu behaupten, als [aussenstehender] zu wissen, was gut/’richtig’ fuer andere ist – und dann auch noch besser als sie selbst. Wirklich, das erscheint mir dochs ehr anmassend. View all comments by Yuri

  12. Christian bin gerade über folgendes gestolpert:
    http://www.spielenutzen.de/?p=234
    http://computerspielschule.org/index.html
    da musste ich an deine artikel hier zum thema denken und hab mich gefragt ob dir die schule ein begriff ist.

    was die diskussion hier betrifft bin ich einer meinung mit yuri.
    drüber reden und selbst entscheide>verbieten

    Hab bei meiner eigenen erziehung, wenn ich das jetzt mal so von mir selbst überzeugt sagen darf, ganz gute erfahrungen damit gemacht. View all comments by Samson

  13. Ich stimme auch insofern zu, dass Verbote nicht viel herlfen, sondern dass man sich mit Kindern auseinandersetzen muss und Ihnen durch das Miteinander in der Medienerziehung Kompetenz im Umgang auch mit gewalthaltigen Inhalten auf den Weg geben muss. Aber darum muss sich nunmal jemand kümmern. Die meisten Eltern interessiert sowas bloß leider nicht.
    Sonst wären zu unserer ElternLAN vielleicht mehr als 30 von weit über 2000 (zweitausend!) eingeladenen Eltern gekommen. View all comments by Christian

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