Abgedreht: Be Kind Rewind

Wie sehr uns Filmtrailer doch manchmal zu täuschen und in die Irre zu leiten vermögen. Von Be Kind Rewind hatte ich mir nach den ersten Lust-auf-mehr-mach-Bildchen eine unterhaltsame Komödie vorgestellt, die niemandem weh tut und zwar überdurchschnittlich ist, aber unterm Strich eben genau das, was man von einer Hollywood-Komödie erwartet: spaßige Unterhaltung auf 90 Minuten. Ein Film also, den man unbedingt sehen will, wenn man mal wieder ordentlich lachen will, von dem man aber keinerlei Tiefgang erwartet. Was man bei Michael Gondry’s neuem Film geboten bekommt ist aber doch soviel mehr als das. Wer entsprechend mit einer 08/15-Komödie rechnet ist also mehr als schief gewickelt und wird zurecht enttäuscht. Be Kind Rewind ist eine Liebeserklärung an den Film, ein eher leises Kammerspiel, dass seinen doch leicht kruden Charakteren genug Raum zum Atmen und Entfalten lässt und einen eher unterschwelligen Humor etabliert, der nur gelegentlich in wirklichen Ausbrüchen von Komik explodiert und die liebevoll angemalte Fassade aufplatzen läßt, ansonsten aber vielmehr ein stets präsentes, wohlig-schiefes Grinsen auf unser Gesicht zaubert.

So ganz nebenbei ist der Film auch noch eine Hommage an den Jazz-Pianisten Fats Waller, der mir namentlich zwar bislang völlig unbekannt war, dessen Song Ain’t misbehaving interessierten Musikliebhabern aber durchaus ein Begriff sein könnte. Um dessen Lebensgeschichte entspinnt sich ein nicht unwesentlicher Teil des Plots, bevor der gesamte Film darauf aufbauend auf ein wundervolles Finale hinausläuft. So ergriffen war ich lange nicht mehr. Dabei schafft es Be Kind Rewind ohne weiteres, jedem Hollywood-Klischee aus dem Weg zu gehen, und sogar das eine oder andere nebenher auf die Schippe zu nehmen. Dabei, ich hab es oben eventuell schon angedeutet, entsprechen weder die Geschichte, noch die Charaktere und schon gar nicht der Humor dem, was wir von herkömmlichen Hollywood-Komödien gewohnt sind. In dieser Disziplin ist der Film zwar längst kein Vorreiter, da waren andere schneller (man denke etwa an The Royal Tenenbaums, About Schmidt oder Little Miss Sunshine), aber immer noch erfrischend anders. Schräg, aber nie laut, abgedreht (wie es der deutsche Titel eigentlich recht treffend sagt) aber nie wirr, völlig plemplem, aber immer absolut liebenswürdig. Das Setting erscheint fast schon ein wenig surreal, bei den tragenden Figuren fragt man sich die ganze Zeit über, ob sie nun wirklich ein bißchen debil sind, auf ihre Art und Weise ein wenig langsam zwar, aber zumindest gutmütig, oder einfach nur bekloppt. Ganz großes Kino liefert auf diesem Gebiet Mos Def ab, der glaubhaft eine gewisse Wandlung vom schüchtern-zurückhaltenden Videotheken-Angestellten, der sich selbst nicht sonderlich viel zuzutrauen scheint, hin zum kreativen aber weiterhin bodenständig-gutgläubigen Low-Low-Budget-Regisseur durchläuft. Jack Black, sonst eher für markige Sprüche und fäkalzotig-kernige Auftritte bekannt, fügt sich erstaunlich gut in die Rolle seines (im doppelten Sinne) Filmpartners.

Zwar wird ihm auch hier nach wie vor die eindeutig schrillste Rolle zugeschrieben, allerdings schafft er es tatsächlich, sich sehr zurückzunehmen und seine Figur mindestens ebenso liebenswürdig-skuril rüberzubringen wie Mos Def. Hat man sonst stets den Eindruck, dass Black sonst immer und mit aller Gewalt im Vordergrund stehen muss, wirkt es bei Be Kind Rewind fast so, als wolle er sich selbst persiflieren. Eins wird jedenfalls sehr schnell klar: Der Star, das sind nicht die Schauspieler, sondern der Film selbst. Bzw. die vielen Filme, die von Mike & Jerry (so heißen unsere Protagonisten im Film) selbstgedrehten Neuverfilmungen allseits bekannter Kino-Hits. Und natürlich die Geschichte um Fats Waller. Wie der in das Bild paßt? Das schaut Euch lieber selbst an!

Mindestens so skuril wie die vielen großen und kleinen Gags ist der Auslöser, der überhaupt zu den weiteren Ereignissen des Films führt. Mike (Mos Def) ist, wie bereits erwähnt, Angestellter in einer Videothek. Einer richtigen Videothek, so einer mit VHS-Kassetten. Wahrscheinlich der letzten an der gesamten Westküste. Während sein Boss Mr. Fletcher (wunderbar: Danny Glover) sich auf eine kleine, hmmm, Investigationsreise begibt, um hinter das Geheimnis des Erfolges moderner Videoverleiher zu kommen, geschieht in seiner Videothek das Undenkbare: durch einen Unfall wird Mikes Nachbar und Kumpel Jerry, der direkt neben einem Stromkraftwerk wohnt, magnetisiert, wodurch er versehentlich sämtliche Videobänder löscht. Da kein anderweitiger Ersatz aufzutreiben ist, beschließen die beiden, die Videos einach in Eigenregie neu zu verfilmen, um die Kunden auch weiterhin zufrieden stellen zu können. Wer nun glaubt, dass der Ärger vorprogrammiert ist, liegt nur teilweise richtig. Das Geschäft mit den “geschwedeten” (oh glaubt mir, Ihr wollt nicht, das ich das erkläre) Videos wird wider Erwarten ein voller Erfolg. Und so muss ganz schnell Nachschub her, die beiden steigen praktisch Hals über Kopf ins große Geschäft ein. Darum herum spinnt sich ein nur oberflächlich betrachteter Plot rund um die Rettung des Gebäudes, in dem sich die Videothek befindet. Aber auch hier gilt wieder: Riecht nach Klischee, sieht aber anders aus.

Be Kind Rewind ist ein absolutes Muss für jeden Filmfreund, dass man sich definitiv mehr als einmal anschauen kann. Und ich möchte lieber überhaupt nicht erst wissen, wie viele Gags an mir vorbei gegangen sind, weil ich die geschwedeten Filme nicht mehr alle so parat hatte. Soviel ist sicher: die DVD ist schon so gut wie gekauft. Oder doch lieber als VHS? Egal. Ich geh jetzt erstmal noch eine Website schweden. Hehe.

Bild: Felix Klee – ‘Want another Cigarette?

2 Comment

  1. Ich war schon die ganze Zeit heiß auf den Film, aber jetzt bin ich on fire! 😉 View all comments by suicide

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