GamesTM

Also gut, liebe GamesTM-Redaktion: Ich hab’ es versucht. Wirklich. Ich hab alles ausprobiert. Aber: Ich kann Euer Heft nicht lesen, wenn ich im Zug sitze und unterwegs bin. Nicht, weil es da so laut, unbequem und nervig wäre, sondern einfach, weil Eure Schriftgröße mich selbst mit zusammengekniffenen Augen bei aufgesetzter Brille noch in den Wahnsinn treibt. Kombiniert mit dem – zum Glück nicht ganz so glänzenden – Hochglanzpapier und den mehr als gelegentlichen Rüttlern in der Bahn stellt sich bei mir ein Lese-Erlebnis ein, dass mit dezenter Folter vergleichbar ist. Da hilft es auch herzlich wenig, dass Ihr “die Lesbarkeit […] durch kleine Layout-Kniffe verbessert” haben wollt. Pissige Winzschrift bleibt pissige Winzeschrift. Nun hab ich mich mit meiner Kritik immerhin bis zur 2ten Ausgabe zurückgehalten, denn man sollte einem Heft ja wenigstens eine Chance geben, nun aber mußte es einfach raus. Gesteigert wird der Lesbarkeitswahnsinn nur noch durch diese tollen kleinen Info”kästen”, in denen alle Infos zu einem Titel übersichtlich präsentiert werden sollen und durch die Bildunterschriften. Wenn ich die wirklich lesen wollen würde, müßte ich mir die alle für eine ruhige Minute daheim aufsparen. Da ich aber den Großteil des Tages arbeite oder Zug fahre, hab ich zuhause keine Lust mehr, mich mit sowas rumzuschlagen. Der ganze Infokram bleibt also weitestgehend ungelesen, was schade ist.

Ansonsten gefällt mir Euer Heft nämlich eigentlich ganz gut, wenngleich auch hier einige Punkte noch im Argen liegen. Laßt doch bitte diesen dämlichen Einleger komplett weg. Ihr müßt Euch mal entscheiden: Entweder Ihr wollt ein Heftformat, das durch seine kleineren Abmessungen aus dem Rahmen fällt, oder Ihr wollt im Regal durch dumme Sprüche und überbordendend dumpfes Textlayout auffallen. Dann geht zur Gamestar und tobt Euch da aus. Diese blöden Einleger führen letztlich lediglich dazu, dass ich geneigt bin, vor lauter Fremdscham an der Kasse im Boden zu versinken, während mein armes Köpchen sich in Farbton immer stärker Rot nuanciert und die Kassiererin mich anschaut, als wäre ich ein armer Irrer, dass ich so einen Scheiß kaufe. Ist ja sowieso schon schlimm genug, dass ich mir ein Games-Magazin hole ;-). Außerdem frage ich mich, ob ich es nun auf die Heftgröße zurückführen solle, dass Ihr so eine kleine Schrift nutzt, oder auf den geringen Umfang. Ehrlich: mit 4 Seiten mehr könnte man das Layout noch viel schöner zurechtrücken und bekäme mit Sicherheit eine bessere Lesbarkeit hin. Probiert’s einfach mal aus.

Die Artikel sind aber wenigstens schön geschrieben und heben sich wohltuend von Gamestar und Co. ab. Allerdings solltet Ihr Euch mal ein Lexikon schnappen und das kleine Wörtchen “Analyse” nachschlagen, bevor Ihr es gleich auf 2 Heftcover hintereinander kritzelt. Wenn da etwa steht “Hat Sony einen Lauf? Analyse plus Ausblick 2008”, dann erwarte ich auch genau das: eine tiefgehende Analyse, die nicht auf reinen Vermutungen und altbekanntem Marketingwischiwaschi baut – und die mich vor allem mit solchen ekelhaftenGewäsch wie dem von Capcom’s Sales & Marketing-Director verschont. Bäh. Über die Rainbox Six Vegas 2-Jugendschutz-Analyse legen wir jetzt lieber gleich den Matel des peinlichen Schweigens, ja? Und wenn ich schon mal dabei bin: Eigentlich hatte ich mir inbrünstig geschworen, niemals wieder ein Magazin ernst zu nehmen, dass es tatsächlich wagt, Games mit (Prozent-)Punkten zu bewerten. Ehrlich, liebe Löwensteiner Truppe: Ihr macht es mir echt nicht leicht.

Dafür gefällt mir der Retro-Teil mehr als gut. Für mich alten C64– und Amiga-Hasen ist das genau das Richtige. Vor allem, da man selbst hier nicht auslernt. C64GS? Ist damals tatsächlich komplett an mir vorbei gegangen. Mir war bis zur Lektüre des zugehörigen Artikels tatsächlich nichtmal dessen Existenz bekannt. Die Command & Conquer-History wollte ich erst schon überblättern, weil ich insgeheim gequält “oh nein, nicht schon wieder” seufzen mußte, wurde dann aber von einem wirklich lesenswerten 6-Seiter überrascht, beim dem bloß wieder die Einheiten-Übersicht am oben genannten Problem der pissigen Winzschrift (TM) krankte.

Insgesamt bin ich trotz des vielen Gemeckeres aber immer noch irgendwie positiv überrascht, dass es – neben der GEE – tatsächlich nochmal ein Magazin geschaft hat, sich 2mal hintereinander von mir kaufen zu lassen. Das ist praktisch schon sowas wie ein Gütesiegel. Aber ruht Euch bloß nicht auf den Lorbeeren aus: Ihr habt echt noch viel zu tun, um mich auch auch langfristig zufrieden zu stellen. Zum Beispiel bei den Interviews: Die bestehen in der Regel, wie wir alle wissen, aus Frage und Antwort und nicht, wie bei Will Wright, aus durchgängigen Artikeln, in denen Aussagen einer Person aus 100 anderen Quellen zusammengeklaubt werden. Zuminest macht dieser Part in Ausgabe 04 (WTF, btw?) diesen Eindruck. Löblich auch, dass Ihr eingangs so etwas wie ein Entwickler-Portrait einzelner Personen versucht (Bayreuther, Takahashi), aber ein wenig mehr Background zur Person würde ich mir dann schon wünschen. Hier wird deutlich Potential verschenkt.

Zum Schluss noch einen kleinen Schlag in den Nacken: Wenn Ihr schon (vermutlich ungefragt?) Blog-Einträge ins Leser-Feedback aufnehmt, warum dan nicht wenigstens die URL von dem Blog (muss ja nicht gleich die gesamte Artikel-URL sein) angeben. Dann hat man als Leser wenigstens die Chance, mal nachzuschauen, was derjenige wirklich als zusammenhängenden Text geschrieben hat – denn die Beiträge auf den Leserseiten waren ja offensichtlich stark gekürzt (zum Glück kannte ich die Originale schon).

So, besten Dank für’s Zuhören und viel Spaß beim Basteln am 3ten Heft noch. Euer Christian.

4 Comment

  1. Eine größere Schrift bedeutet gleichzeitig weniger Inhalt, mal eben 4 Seiten dranhängen geht leider nicht so einfach. In dem Fall müsste der Heftpreis wieder angehoben werden, was wiederum andere Leser vom Kauf abhält. So gesehen kann man es niemanden recht machen. Da ich die meiste Zeit mit Notebook unterwegs bin, habe ich mir die gamesTM als PDF gekauft, dank vektorisierter Schrift macht das Lesen unterwegs auch so wieder Spaß. View all comments by rotfuchs

  2. Da sowieso schon angekündigt wurde, dass man das Heft nach und nach im Umfang steigern würde und nicht davon auszugehen ist, dass die Kundschaft jetzt mit jeder zweiten Ausgabe Preiserhöhungen hinnimmt, würde ich sagen, dass ein paar Seiten mehr bereits jetzt im Heftpreis inkludiert sind. Klar würde ich dafür auch lieber noch mehr wirklichen Inhalt sehen, aber wenn die Lesbarkeit so sehr darunter leidet, sollte man sich vielleicht erstmal lieber darum kümmern.
    Notebook und PDF sind – in meinen Augen – auch absolut keine ernstzunehmende Alternative zu einer Zeitschrift, sorry. View all comments by Christian

  3. Ob zukünftig tatsächlich regelmäßig die 100-Seiten-Marke überschritten wird, da bin ich mir aufgrund der allgemein anhaltenden Flaute bei Zeitschriften relativ unsicher. Die maximal 100 Seiten sind bei den deutschen Spielezeitschriften leider zum Standard geworden, es wäre aber schön wenn die gamesTM die magische Marke regelmäßig durchbrechen könnte.

    Wegen der kleinen Schriftgröße musst du dir zukünftig aber keine Sorgen machen. Nach den Mediadaten zufolge soll das Heftformat größer werden, da liegt die Vermutung nahe dass auch die Schriftgröße entsprechend angepasst wird. 🙂

    Quelle:
    http://www.games-tm.de/wbboard/index.php?page=Thread&postID=4386#post4386
    http://www.games-tm.de/19a297be00036c9f90b01bcc11f27ec5/mediadaten/ View all comments by rotfuchs

  4. Stimmt, sieht wirklich so aus als wäre bereits die nächste Ausgabe in annähernd DinA4. Bin mal gespannt, wie sie das Mehr an Fläche nutzen. View all comments by Christian

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