Rearviewmirror: The Games of TEAM 17

Wie man vielleicht schon an der einen oder anderen Stelle gemerkt hat, befinde ich mich momentan so ein klein wenig im Retro-Fieber. Ohne in letzter Zeit überhaupt mal wieder ein altes Spiel wirklich angegangen zu sein. Von Gobliiins als Emulation via ScummVM einmal abgesehen. Selbst meinen im Februar erworbenen Amiga 600 konnte ich bislang nicht ausprobieren. Weil mir dazu noch das passende schönste Eingabegerät aller Zeiten fehlt: der Competition Pro. Trotzdem bereitet es mir in letzter Zeit eine Menge Freude, an die gute alte Zeit zu denken und dem Gedanken nachzuhängen, dass seinerzeit eventuell doch alles viel besser war. Dann denke ich an all den Spaß, den ich damals hatte und an all die tollen Spiele-Schmieden, die uns seinerzeit immer wieder aufs Neue mit wirklich guten Spielen überrascht haben. Games, die uns auf kleinstem Speicherraum in immer neue Welten entführt haben, die es trotz oder gerade wegen der begrenzten Mittel bei Grafik und Sound geschafft haben, unsere Phantasie zu entfachen und uns Stunde über Stunde an den Monitor zu fesseln. Eines der Entwicklerstudios, die damals vor guten Ideen und noch besseren Spielen geradezu überzusprudelten, war Team 17. Und mit diesem will ich den Anfang von etwas machen, das, wenn ich es denn tatsächlich durchhalte, zumindest so etwas wie eine Mini-Serie über die besten Spiele der besten Studios meiner Kindheit werden könnte.

Den Anfang macht also Team 17. Einer der wenigen Entwickler von damals, die auch heute noch existent sind und regelmäßig was veröffentlichen. Wenngleich das mittlerweile seit Jahren nur noch Aufgüsse des immer gleichen Spiels sind, namentlich: Worms. Aber mit dem, was ihnen heute scheinbar an innovativen Ideen fehlt, warfen sie in den 90ern nur so um sich. Und auch Worms war einmal alles andere als ein weiterer Abklatsch eines weiteren langweiligen Franchises, das bis zum Erbrechen ausgepresst werden muss. Gut, das eigentliche Spielprinzip war damals auch schon alles andere als neu. Worms ist und bleibt im Grunde nichts anderes als eine phantasievolle Portierung des Klassikers Missile Command, bloß mit mehr Möglichkeiten, mehr Waffen, mehr Witz und vor allem: viel mehr abgedreht-schrägen Ideen. Und mit Würmern. Und mehr Witz. Gerade der allererste Teil der Reihe war ein wahres Kleinod an schrägem Humor, die Gagdichte in den Zwischensequenzen geradezu unerträglich Zwergfell-stimulierend. Ob der Humor in den späteren Neuauflagen immer noch auf einem derart hohen Niveau spielt und ob nicht mindestens die Hälfte der Nachfolger völlig überflüssig waren, darüber kann man sich sicherlich vortrefflich streiten. Fakt ist aber: dieses total simple, ja beinahe bescheuerte Spielprinzip macht selbst heute noch einen Heidenspaß – selbst auf dem Handy. Oder als schnelle Partie für Zwischendurch im Ad Hoc-Netzwerk mit Nintendo’s DS.

In eine komplett andere Richtung ging ein paar Jahre zuvor Alien Breed, ein Top-Down Action-Shooter, der es ganz hervorragend schaffte, eine enorm bedrückende Atmosphäre aufzubauen, die einem wirklich das Gefühl gab, sich allein auf verlorenem Posten in einem Alien-verseuchten Raumschiff zu befinden. Und hey: wir sprechen hier immerhin von einem 2D-Amiga-Spiel und nicht etwa von Doom 3 oder ähnlichem. Erreicht wurde der Effekt vor allem durch sehr spärlichen Sound, der sich weitestgehend auf Effekte konzentrierte und bewusst auf Melodien verzichtete. Auf spielerischer Seite kam hinzu, dass die Munition immer viel zu knapp, die Gegner dafür umso zahlreicher wahren und die Suche nach den heiß begehrten Schlüsselkarten sich dadurch oftmals alles andere als einfach gestaltete. Wir brauchten keine spärlich ausgeleuchteten Gänge und dramatischen Orchestrierungen, wir hatten Alien Breed. Auch hier gab es wieder einige Fortsetzungen (diesen Trend gab es schon damals), später sogar in 3D, aber eigentlich reicht es völlig, wenn man das Original kennt. Wer Lust hat, sich das Game ohne Emulator zu gönnen, kann sich ja mal das Remake Alien Breed Obliteration für den PC anschauen.

Ganz anderes Genre, aber nicht minder gut: Body Blows, Team 17‘s Versuch eines Action-Prüglers à la Street Fighter. Bloß alles ein bißchen bunter, ja beinahe greller, mit einem comichafteren Stil. Der damaligen Genre-Referenz und unserem Lieblings-Prügler zu der Zeit, Street Fighter II, stand es aber trotzdem in nichts nach. Anfangs waren ich etwas skeptisch, aber die Figuren spielten sich insgesamt sehr schön ausbalanciert (zumindest in meiner Erinnerung) und hatten ein paar wirklich coole Moves und Tricks drauf. Spaß hat es allemal gemacht und deshalb wurde Body Blows auch ganz schnell eines der Spiele, die wir uns in Mehrspieler-Sitzungen vor dem Bildschirm regelmäßig gegeben haben.

Bevor es zum nächsten Spiel geht, mal ein kleiner geschichtlicher Abriss zu Team 17. Da kann ich selbst noch was bei lernen. Zum Beispiel, dass das Studio ursprünglich der Demoszene zuzurechnen war und dort Gegen Ende der 80er Jahre unter dem Namen 17Bit Software agiert hat. Lassen sich etwa vom Namen etwa schon die hohen Ambitionen des Teams ablesen, immer ein Quäntchen mehr aus den 16Bit-Systemen von damals rauszuholen, als man für möglich gehalten hätte? Wie auch immer: 1990 entschloss man sich zu dem Schritt, ein ‘richtiges’ Games-Studio unter neuem Namen zu gründen. Bereits mit dem ersten Titel, Full Contact, gelang es den Jungs aus Ossett, West Yorkshire, einen Klassiker seines Genres zu schaffen. Viele weitere folgten, immer wieder in neuen Settings und Genres angesiedelt. Wenn man sich das heute so anschaut, muss man attestieren: In welchem Genre Team 17 auch rumwilderten, sie haben es immer geschafft, ein konstant hohes Niveau zu halten, wenn nicht sogar Maßstäbe zu setzen. Während sich heutige Studios zumeist auf eine Spielart, oder gar ein einziges Franchise, konzentrieren, war damals noch viel mehr Mut zu Neuem zu spüren.

1995 ging man einen Deal mit Ocean Software ein, damals vor allem bekannt als Publisher von grottigen Film-Versoftungen, wie etwa Terminator 2 oder anderen Gurken, die offenbar in Rekordzeit mit der heißen Nadel gestrickt worden waren. Allerdings schien Ocean sich zu der Zeit ein etwas positiveres Image zulegen und stärker auf qualitativ hochwertigere Games setzen zu wollen. Die Versoftung von Robocop 3 war ein erster Schritt in die richtige Richtung und dürfte vor allem grafisch Maßstäbe gesetzt haben. Wie dem auch sei: offenbar war man seinerzeit der Auffassung, dass Team 17 exzellent ins eigene Portfolio passen würde, weshalb man die Briten gerne unter Vertrag nahm. Wahrscheinlich um erstmal ein wenig von den vorhandenen Marken zu profitieren, war die erste Veröffentlichung unter neuer Publisher-Flagge Alien Breed 3D auf dem Amiga und dem CD32. Direkt als zweites erschien das bereits erwähnte Worms, von dem viele weitere Ableger folgen sollten. Doch der Erfolg gab ihnen Recht: der erste Teil verkaufte sich sogar besser als Tomb Raider 1, von der gesamten Reihe wurden mittlerweile über 12 Millionen Einheiten verkauft.

Aufgrund des enormen Erfolgs der Worms-Reihe und des nahenden endgültigen Endes des Amigas entschloss man sich 1997, der guten alten Commodore-Freundin den Rücken zu kehren, um verstärkt für den PC und Konsolen zu entwickeln. Diverse Games folgten, darunter sogar eine Portierung des Psygnosis-Klassikers Lemmings für die Playstation Portable im vorletzten Jahr. Aktuell wird darüber hinaus wohl am kommenden neunten Teil der Leisure Suite Larry-Reihe. Wenn die Jungs es schaffen, den typischen Team 17-Humor in das Spiel zu retten, dürfte Herr Gaffer mit seinem nächsten Titel wohl endlich wieder zu Höchstformen auflaufen. Damit, und mit Titeln wie Nightlong: Union City Conspiracy oder Addiction Pinball, die beide 1998 erschienen sind, zeigt das Team zwar, dass man nach wie vor deutlich mehr drauf hat, als ein Worms-Spiel nach dem anderen rauszuhauen, sonderlich abwechslungsreich hat man sich seit der Abkehr vom Amiga aber leider nicht mehr gezeigt.

Es war aber nicht allein die Abwechslung, das stetige Ausprobieren neuer Genres, die für mich damals so einen großen Reiz an den Team 17-Titeln ausgemacht haben. Die Jungs waren darüber hinaus wirklich begnadet darin, nach und nach das absolute Maximum an grafisch Möglichem aus einer Plattform wie dem Amiga herauszuholen. Wahrscheinlich bestes Beispiel dafür ist der Sidescroller Project X, eine Space-Baller-Odyssee, die selbst heute einfach noch wunderschön anzusehen ist. Was uns bei Project X an Action und visueller Opulenz geboten wurde, war damals eine wahre Seltenheit und wurde allenfalls von ähnlichen Titeln wie Kaiko’s Apidya oder Psygnosis’ fantastisch ausschauendem, spielerisch aber eindeutig schwächeren Agony erreicht. Aber schaut’s Euch einfach selbst an:

Machen wir zum Schluss noch ein letztes Mal einen weiteren Genresprung, weg von Hardcore-Shooter, Prügel-Action und Weltraum-Beklemmung hin zum Jump’n’Run. Was uns Team 17 damals, 1993, mal eben locker flockig unter dem Titel Superfrog vor den Latz knallte, war und ist für mich nach wie vor eines der besten Jump’n’Runs ever. Superfrog erschien zu einer Zeit, in der Sonic the Hedgehog den Rekordtitel als schnellstes Spiel in Sidescroller-Manier innehatte. Auf dem Mega-Drive, wohlgemerkt. Bis zum Erscheinen des Helden in Grün hatte niemand mehr ernsthaft damit gerechnet, dass es auf dem Amiga überhaupt technisch möglich wäre, auch nur annähernd die Geschwindigkeiten des blauen Sega-Igels zu erreichen. Dann kam Superfrog und uns stand erstmal allen die Kinnlade offen. Aber technisch Machbares mal beiseite: Superfrog war darüber hinaus auch noch ein einfach wahnsinnig gutes Spiel, mit einer mächtigen Portion des gewohnt mitreißenden Team 17-Humors und einem enorm motivierenden Gameplays. Dazu kam dann noch der geniale Soundtrack von Allister Brimble und es war um mich geschehen. Bis heute einer meiner absoluten Lieblingstitel, selbst nach mindestens 12 Jahren Spielpause. Wer Lust hat, schaut sich einfach mal das Walkthrough-Video an (zumindest in Ausschnitten) und versteht dann hoffentlich, was ich meine:

So, das war’s mit dem ersten Teil meiner kleinen Reise in die Vergangenheit. Mir ist schon klar, dass es noch eine ganze Menge mehr Titel von Team 17 gibt, aber ich hab mich einfach mal auf die konzentriert, die ich persönlich gespielt und für gut befunden habe und an die ich mich – ebenfalls wichtiges Kriterium – noch ganz gut erinnere. Beim nächsten Mal dann mehr von einem anderen Studio.

10 Comment

  1. Löbliches und sehr interessantes Vorhaben, aber: Mir werden die Videos nicht angezeigt.
    Ansonsten kann ich nur sagen: Ich fühle mich auch gerade retro, daher erwarte ich weitere Artikel in der Reihe “rearviewmirror” schon mit Spannung.
    Und: Wo um alles in der Welt, mal ehrlich, nimmst du die Zeit her ständig soviel zu schreiben? 😉 View all comments by Knurrunkulus

  2. Hmm, das Videoproblem wird mir auch gerade bewusst. Verdammt. Muss wohl doch mal die neue Media-Funktion von Wp2.5 austesten. View all comments by Christian

  3. So, Videos sind drin. Aber irgendwie muckt WordPress momentan ein bißchen rum. Einige Plugin-Symbole werden in 2.5 nicht mehr im Visual Editor angezeigt, mit dem TinyMCE Advanced-Plugin mag es auch nicht so richtig zusammenarbeiten und sowieso und überhaupt.
    Naja, hauptsache es funktioniert erstmal.

    Und: Wo um alles in der Welt, mal ehrlich, nimmst du die Zeit her ständig soviel zu schreiben?

    Momentan hab ich glücklicherweise etwas mehr Zeit dafür. Der Anlass ist aber leider ein trauriger: Mein Arbeitgeber hat Insolvenz angemeldet. Noch läuft zwar der Betrieb und ich sitze regelmäßig im Büro, aber ich hab nun halt jede Menge Zeit, ein paar Zeilen zu verfassen View all comments by Christian

  4. Moin Moin Christian, ich hab noch einen Competition Pro , den durchsichtigen im Keller rum fliegen. Wenn du den willst schreib mich an.

    Ich brauche den nicht mehr. Da ich für meine alten Rechner keinen Platz finde. View all comments by Actionman

  5. Allein das Logo hat eine Insta-Assoziation zu Worms 2 in meinem Kopf hervorgerufen. Das war aber auch ein geiles kleines Spielchen! Schön zu sehen, dass die noch andere Sachen gemacht haben, die ich aber wohl zurecht ignorieren konnte… 😉 View all comments by EmmJay

  6. @actionman: na, das wäre doch mal was. Ich meld mich.

    @EmmJay:

    Schön zu sehen, dass die noch andere Sachen gemacht haben, die ich aber wohl zurecht ignorieren konnte… 😉

    FREVEL! STEINIGT IHN! 😉 View all comments by Christian

  7. Guter Artikel. Als nächstes Team hätte ich gerne “The Bitmap Brothers” 😉 View all comments by suicide

  8. Du wirst es nicht glauben, aber: genau die sind als nächstes dran 😀 View all comments by Christian

  9. Super Idee ,darauf freu ich mich jetzt schon…. muss dirket mal die Maxi (Vinly noch) von Bomb that Bass mit Megablast auf den Plattenteller werfen. View all comments by actionman

  10. […] nur cool. Aus dem Haus seiner Eltern kam praktisch nur cooles Zeug, damals. Die heißen nämlich Team 17, waren und sind Meister der zünftigen Zoten in Spielen und haben solche Meilensteine wie Alien […] View all comments by EA PLAY » Back in the days - Christian’s Top 5 Klassik-Jump’n'Runs

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