Was erhält man, wenn man das althergebrachte Metroidvania-Gameplay mit einer um grelle neon-Akzente versehenen Limbo-Ästhetik präsentiert und um das grundlegende Spielprinzip von Ikaruga anreichert, um es anschließend im großen Software-Mixer mit Anteilen von Splosion Man, Prince of Persia, Rainbow Islands und Zwischengegnern à la Shadow of the Colossus etc. zu verquirlen? Ein dreister Klon? Ein lieblos zusammengeschusterter Bastard? Ein Spiel, das zwar von allem etwas bietet, bloß leider nichts, aber auch gar nichts richtig macht? Mag sein, dass man das vermuten, vielleicht sogar erwarten würde, wenn man die oben beschriebene Zutatenliste oberflächlich betrachtet. Doch was die Entwickler des finnischen Studios Housemarque, bislang vor allem bekannt durch Super Stardust (HD), jüngst mit Outland abgeliefert haben, ist alles, bloß kein schlechtes Spiel. Nichtmal im Ansatz!
Um es genau zu nehmen, ist Outland das mit Abstand beste Spiel der Metroidvania-Gattung, das mir persönlich je untergekommen ist! Das mag auch daran liegen, dass ich Metroid nie gespielt habe und Castlevania nicht sonderlich viel abgewinnen konnte, in erster Linie ist es aber dem absolut fantastischen, durch und durch augeklügelten Spieldesign zu verdanken.
Outland hat mich von der ersten Sekunde an gepackt und nicht mehr losgelassen. Dabei wäre das Game beinahe komplett an mir vorbei gegangen, da ich in den vergangenen Wochen relativ wenig mit Gaming-News in Berührung gekommen bin und auch auf sonstigen Kanälen nichts vom Release mitbekommen habe. Ausgerechnet die aktuelle GEE hat mich dann aber glücklicherweise doch noch auf die Spur des Spiels geführt. Allein der Anblick der Screenshots hat in mir schon das Gefühl unbedingten Habenwollens ausgelöst. Also wurde fix noch in der Nacht die Demo im XBLA Marktplatz heruntergeladen. Was soll ich sagen? Outland hat mich bereits beim allerersten Anspielen so geflasht, dass ich umgehend die Vollversion freischalten musste um direkt weiterspielen zu können. Und ich habe es nicht bereut.
Was sich Anfangs noch als relativ schlichter Sidescrolling-Plattformer (in absolut fantastischer Grafikpracht) ausgibt, entpuppt sich schnell als Tyrannosaurus Rex im Kaninchenfell und wird zu einem spielerischen Trip, den man so schnell nicht vergisst.
Wo Limbo zwar schön anzusehen war und durch seinen Stil und seine Atmosphäre zu begeistern wusste, spielerisch hingegen bereits zur Mitte hin die Puste verlor, wo Ikaruga mit seinem Prinzip des ständigen Hin- und Herswitchens zwischen zwei Energiezuständen, kombiniert mit der geradezu überbordenden Flut an Geschossen, die auf uns einprasselten, zwar innovativ und hübsch anzuschauen, aber für den Gelegenheits-Shooterfreund eine unknackbare Nuss darstellte, da packt Outland die beiden Vorlagen bei den Eiern, schlägt sie mit den Köpfen zusammen, malt sie bunt an und verknotet sie zu einer absolut eingängigen, jederzeit fordernden, aber niemals unfairen Spielspaßgranate allererster Kajüte, die einschlägt wie Donnerhall und den Spieler direkt am Herz greift, ihn durchrüttelt und ihm zubrüllt, dass er ein solches Vergnügen dieses Jahr wohl kein zweites Mal mehr erleben wird!
Ich bin ja gemeinhin als Weichei bekannt und verschrien, das vor hohen Schwierigkeitsgraden zurückschreckt und Trial-and-Error für etwas hält, das man als Spielmechanik getrost in der Pfeife rauchen und durch den Anus wieder ausatmen sollte. Mit “Highlights” der Games-Geschichte wie Ikaruga, Super Meat Boy oder Trials HD kann man mich deshalb auch eher jagen. Doch wenn sich in Outland der Bildschirm an manchen Stellen fast vollständig mit Ernergie-Geschossen zweier verschiedener Phasen füllt und ich gezwungen bin, in diesem unmöglich erscheinenden Szenario von einer Plattform zur nächsten zu gelangen, während ich meinen Charakter fröhlich zwischen eben jenen beiden Energiephasen hin- und herschalten lasse, um so mancherlei Plattform überhaupt erst unbeschadet erreichen bzw. zur Nutzung aktivieren zu können… dann, ja dann blühe ich erst richtig auf.
Bislang bin ich an keine einzige Stelle im Spiel gestoßen, die auch nur im entferntesten unfair oder schlecht ausbalanciert gewesen wäre. Wer hier die Löffel abgibt, ist selbst schuld. Fehler werden ausschließlich vom Spieler gemacht – und sind mit kurzer Reflektion auch immer als solche zu erkennen. Dadurch ergibt sich ein Flow, der einen immer tiefer und tiefer in seinen Bann zieht und mich so etwas wie Liebe und Zuneigung zu Outland empfinden lässt – einem Spiel, das mich permanent fordert, durchgängig im Schwierigkeitsgrad anzieht, aber in der Lernkurve immer und absolut fair, wenn auch sehr herrisch in den Unterrichtsmethoden bleibt.
In dieses Bild passen die (bislang von mir gesehenen beiden) Zwischenbosse nur allzu gut hinein: Bockschwer, auf die ersten fünf Blicke absolut unschaffbar, aber trotzdem mit einem sich klar abzeichnenden Bewegungs- und Angriffsmuster versehen, das – einmal durchblickt – dann zwar recht einfach zu knacken scheint, einem aber trotzdem noch jede Menge Können und Geschick abverlangt. Aktuell hänge ich noch an der zweiten Zwischengegnerin, der High Priestress, die sich als zwar leicht durchschaubar, aber durchaus zickig im Umgang erweist.
Die Zwischenbosse sind denn bislang auch einziger Auslöser meiner Sorge, dass ich Outland – trotz aller Euphorie und aller spielerischen Qualitäten – vielleicht nicht beenden könnte und weshalb ich diesen Beitrag bereits jetzt schreibe. Denn ich bin, wie gesagt, normalerweise ein Weichei, was Trial-and-Error-Passagen angeht. Doch wo ich normalerweise nach einigen wenigen Versuchen aufgebe, weiß es Outland auf unerklärliche Weise ohne weiteres zu schaffen, mich zu motivieren, mich anzutreiben, mich die Zähne zusammenbeißen und einfach immer weiterspielen zu lassen. Weiter, immer weiter!
Kurzum: Outland ist, insbesondere für seinen niedrigen Kaufpreis von gerade einmal 10,- Euro (800 MS Points) ein absoluter Pflichtkauf und damit ein ganz heißer Anwärter auf einen der Spitzenplätze im diesjährigen Spiele-Olymp.
Volle Zustimmung: Das Spiel ist geil, keine Frage.
Interessanterweise komme ich von dem (zugegeben naheliegenden) Metroidvania-Vergleich immer weiter weg.
Klar: Man kann mit der Zeit immer mehr und kommt damit an bereits bekannten Stellen weiter. Allerdings hält sich der Entdeckertrieb, die man von den genannten Vorbildern kennt, doch in Grenzen: Es gibt einfach nicht soviel, wo man nicht eh dran vorbei gelotst wird, die blöden goldenen Bonusdinger sind kaum Anreiz, außerdem gibt die recht rudimentäre Karte ein systematisches “Da war ich noch nicht”-Abklappern gar nicht her.
Auch wenn du nie Metroid gespielt hast (what a shame!), vergleich Outland mal mit z.B. Shadow Complex. Ganz anderer Sport. Oder anders gesagt: Am meisten Spaß macht mir Outland, wenn ich linear den wehenden Blättern hinterher laufe. Der Rest ergibt sich eh.
Ansonsten ist einfach nur Hammer, wie sie Bullet Hell-Element aus Shmups in einen Platformer integriert haben. Im Prinzip wie ein Kanonenschiff aus Super Mario 3, nur noch 1000x krasser. Aber schon durch diese wechselbare 50% Unverwundbarkeit fast schon per Definition nie unfair. Hach, wie toll! View all comments by Fabian
Hatte auch überlegt, ob ich statt Metroidvania lieber Shadow Complex oder gar Turrican als Vergleich heranziehen sollte, mich aber aufgrund der dort vorherrschenden Ballerei dagegen entschieden. Vom Leveldesign her wäre es noch am Ehesten mit diesen beiden vergleichbar, ja.
Ansonsten bin ich gerade auch einfach nur geflasht von dieser Wahnsinns-Mixtur. View all comments by Christian
Wow! Danke für den Tipp! Ich habe es soeben gekauft und bin ziemlich angetan. View all comments by Ranor
Ich fand die Demo schon extrem toll und werde es mir auch kaufen, bisher kam mir aber noch zuviel anderes dazwischen. Wird aber die nächsten Wochen definitiv nachgeholt. Der Koop-Modus ist bestimmt auch interessant. Schöner Artikel! View all comments by Jingleball
Schöner Text! So positiv, hab beim Lesen noch mal hochgescrollt, weil ich dachte ich bin im falschen Blog! 😀
Outland hat mich auch total fasziniert, kam leider auch zu viel anderes dazwischen. Mich hat nur eine Sache extrem gestört: Savegames sind ENTWEDER Singleplayer ODER im Koop-Modus. Obwohl die Level identisch sind und es mehr ein “nebeneinander-herlaufen” ist als wirklich koop, kann man nach einer 2-stündigen Session zu Zweit nicht einfach an der Stelle alleine weiterspielen. Bisher hatte ich nicht die Muse, die ersten 2 Stunden nochmal von vorne zu beginnen. View all comments by Manu
Nene, Du bist schon richtig hier, ich bin’s wirklich 😉
Dass man zu jeder Zeit als 2. Spieler in den Singleplayer einsteigen könnte, hätte ich eigentlich auch gar nicht erwartet. Die Hauptsache ist, dass die SP-Savegames (hoffentlich) nicht überschrieben werden, wenn man eine Coop-Partie startet.
Finde aber schade, dass es keine großen Anpassungen gibt. Bislang bin ich auch lediglich auf 2 Coop-Portale gestoßen, die eine Abwechslung vom Singleplayer-Teil bieten könnten. View all comments by Christian
Koop will man doch eh lieber die Challenges spielen, die man erst unterwegs im Story Mode freischaltet.
Der normale Story Mode macht im Koop doch gar keinen Sinn. View all comments by Fabian
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