Die Poesie der Maschinen: Machinarium

Viel zu lange habe ich gezögert, um Machinarium endlich die Ehre zu Teil werden zu lassen, die dieser wunderschönen kleinen Spiele-Perle gebührt. Warum? Weil ich mich bis heute nicht in der Lage fühlte, diesem zutiefst empfundenen Gefühl wonniger Glückseeligkeit Ausdruck zu verleihen, das sich bei mir einstellt, sobald ich Machinarium nur starte. So schön… Wie also soll man solch ein Spiel angemessen beschreiben, ohne dabei in Gefahr zu geraten, die grundlegenden Mechaniken in schablonenhafter Review-Manier nacheinander abzufrühstücken?

Die Grafik? Wunderschöne, handgemalte Kunstwerke, die ein Gefühl tiefster Traurigkeit und Tristesse vermitteln und zugleich ob ihrer bezaubernden Anmut wohlige Schauer ergreifender Freude initiieren.

Der Sound? Die erschreckend schöne Ödnis der Landschaften übertragen auf ein minimales Akkustik-Gerüst, das mehr durch Abwesenheit und akzentuierende Einzel-Effekte glänzt, denn auf epische Breite und walls of sound setzt – und damit den Anspruch der Bildsprache noch um ein vielfaches verstärkt.

Die Story? Minimalismus pur auf allen Ebenen. Keine aufwändigen Zwischensequenzen, kein einziger Dialog, keine Spur von Bildschirmtexten. Stattdessen simple Rückblenden in kleinen Animationen, als Gedankenspiele in schlichten Denkblasen der Charaktere präsentiert.

Die Mechanik? Ein simples Point-and-Click-Adventure im Stile eines Samorost aus dem gleichen Hause, reduziert auf das Wesentliche, samt minimalistischem Steuerungskonzept und Verzicht auf neumodische Komfortfunktionen moderner Adventure-Brüder im Geiste.

Die Technik? Schlicht wie das gesamte Spiel. Statt großer Installations- und Konfigurationsorgien für jeden Rechner gibt es eine plattformübergreifende Fassung, beruhend auf Flash-Basis. Kein großer spielerischer Nachteil, wenn auch mancher Spielkomfort dadurch etwas schwindet, für den kleinen Entwickler aber mit dem Vorteil der kostengünstigen Produktion behaftet – und mit der Möglichkeit, die  Demo einfach direkt online via zugehöriger Website erlebbar zu machen.

Das Spiel? Eine Aneinanderreihung kleiner, liebevollst ausgestalteter Szenarien mit schrägen Figuren, die einzig durch kleine Gesten und kuriose Geräusche zum Leben erwachen und dabei häufig mehr Charakter ausstrahlen, als mancher Assassine oder Bewohner versunkener Städte. Harte Kopfnüsse am laufenden Band, die einem dennoch nie das Gefühl der Unlösbarkeit vermitteln, sondern stets logisch nachvollziehbar bleiben. Eine echte Herausforderung, wahrlich. Aber eine, die mit dem Gefühl erhabener Freude belohnt, wenn man stolz  wie Bolle einen weiteren Abschnitt hinter sich gelassen hat.

Und sonst so? Wer Machinarium durch hat und nicht genug von dieser Art der Rätselei bekommen kann, bekommt als freundlichen Service Samorost 2 kostenlos mitgeliefert. Den Vorhgänger im Geiste. Der zwar nicht mit Machinarium verknüpft ist, diese ganz besondere Magie der Rätselei in obskurem, minimalistischen Setting jedoch ebenso meisterhaft zu inszenieren weiß. Noch mehr wahre Kopfnüsse für die letzten langen Winterabende.

Nun bin ich doch wieder auf festgefahrenen Review-Routen gewandelt, anstatt auf die poetische Strahlkraft einer Inszenierung einzugehen, die fast einzig aus dem gemalten Bild heraus entsteht und durch die marginalen Interaktionsmöglichkeiten eine Sogwirkung entfaltet, die manch Blockbuster verwirrt am Wegesrand stehen lassen. Und wieder einmal haben wir den Beweis: es braucht weder abstruse Millionenbudgets noch hundertköpfige Entwicklerteams, um mit schlichter Eleganz etwas ganz großes zu produzieren. Chapeau.

5 Comment

  1. Und wieso erwähnt niemand dieses furchtbare FURCHTBARE Minigame, das man kurz vor Schluss spielen muss und das all die schönen Graphiken und eleganten Elemente mit FÜSSEN TRITT??? View all comments by m.a.

  2. (weil mir leider bisher die zeit fehlte es komplett durchzuspielen *räusper*. aber ich liebe es trotzdem sehr.) View all comments by Christian

  3. Ich habe es durchgespielt und kann mich an kein “furchtbares furchtbares minigame” erinnern.

    Die Arcade-Automaten waren etwas anstrengend. Ich hatte aber nicht das Gefühl, dass sie das Spiel zerstören. View all comments by Kazoom

  4. Ich rede von dem Minigame, wo man dem Chef die Viren aus dem Kopf blasen muss, ziemlich kurz vor dem Ende.

    Das Ding ist so schlecht geschrieben, dass ich nicht weniger als FÜNF Anläufe gebraucht habe um es zu durchzuspielen, weil bei den vier ersten meine Spielfigur immer irgendwo hängenblieb zwischen Wand und Gegner und es nicht weiterging… View all comments by m.a.

  5. Das ging mir bei dem Minigame, das als Hürde vor den Tipps- und Tricks-Teil geschaltet wurde auch nicht anders. Die Steuerung war so frickelig, dass ich es nach einem Anlauf aufgegeben und den Abschnitt lieber doch mit reinem Hirnschmalz gelöst habe.
    Ändert aber nichts an meinem Gesamteindruck. View all comments by Christian

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