Fuck you, bastards!

Stellt Euch vor, Ihr geht über einen Trödelmarkt und Euch fallen ein paar alte Stühle ins Auge, die hervorragend zu Eurer restlichen Wohnungsausstattung passen würden. Ihr habt Glück! Die Dinger sind ein echtes Schnäppchen, denn nach ein wenig Handeln mit dem Vorbesitzer einigt Ihr Euch auf 20 Euro und einen netten warmen Händedruck. Ihr nehmt die Stühle mit, um sie sogleich voller Vorfreude nach Hause zu schaffen und sie in Eurer Wohnung aufzustellen.

Doch gerade, als Ihr die Möbel durch die Wohnungstür hieven wollt, materialisiert wie aus dem nichts ein knorriges altes Männchen vor Euch, das Euch den Weg versperrt. Es sieht ein bißchen abgemagert und ziemlich zerlumpt aus. Wie ein ehemaliger Dotcom-Yuppie, den die Realität viel zu früh eingeholt hat. Er trägt ein ziemlich zerfetztes und äußerst schmieriges T-Shirt, auf dem Ihr die Überreste eines ehemals kreisrunden Logos und einen halbverblichenen Schriftzug entdecken könnt: *le*tro*ic Ar*s steht dort mit blutroten Lettern geschrieben.

Das erinnert Euch flüchtig an eine ehemals ernstzunehmende Branchengröße aus der Gamesbranche, doch Euere Gedanken werden von dem stinkig-fauligen Atem des alten Mannes in Beschlag genommen, so dass Ihr die vage Erinnerung schnell beiseite drängt und Euch stattdessen darauf konzentriert, den stärker werdenden Brechreiz zu unterdrücken. “Du kommst hier nicht vorbei!”, wimmert das Männchen mit krächzender Stimme und doch äußerst energischem Unterton, als Ihr versucht, Euch an der verlotterten Gestalt vorbeizuschieben.

Doch so sehr Ihr auch schiebt und drängelt, es gelingt Euch selbst bei vollstem Krafteinsatz nicht, die Gestalt zur Seite zu schieben. Wow, denkt Ihr, der Knabe muss dereinst mal ein mächtiger Magier gewesen sein, oder sowas. Stattdessen grinst Euch die schräge kleine Gestalt spitzbübisch an und Ihr erkennt etwas zutiefst böses in ihren Augen aufleuchten. Etwas, das Euch noch Tage später in Euren schlimmsten Alpträumen wird heimsuchen.

“Das sind meine Stühle!”, krächzt das alte Gerippe. “Fick Dich, Du dämlicher Bastard!”, entgegnet Ihr und unternehmt einen weiteren verzweifelten Versuch, Euch endlich durch die Tür zu schieben. Erfolglos.

“Das sind meine Stühle!”, erwidert das Männchen überaus hartnäckig und mit stoischer Ruhe, während wieder dieses bösartige Funkeln seine Miene verfinstert. Bevor Ihr etwas entgegnen könnt, schiebt es hinterher: “Diese Stühle habe ich gebaut. Vor vielen vielen Monden. Und bevor Ihr sie aufstellen dürft, müsst Ihr mich dafür entlohnen!”. Nun reicht es! Mit einer fließenden Bewegung lasst Ihr die Stühle fallen um dem verdammten Penner ordentlich in die Eier zu treten, doch ehe Ihr Euch verseht, verwandelt sich dieser in ein grässliches, klauenbewehrtes Monstrum mit unzähligen Reihen messerscharfer Zähne, das nach Euch greift und… Ihr werdet wach. Dem Himmel sei Dank!

Schweißgebadet schlurft Ihr zum Rechner um Euch aufzumuntern und surft auf Gamestar.de, um Euch mit sinnfreien News den Start in den Tag zu versüßen. Für gebrauchte Waren nochmal was an den Original-Hersteller bezahlen. So etwas absurdes! … denkt Ihr Euch noch so. Ein Glück, dass der Mensch viel zu vernünftig ist, um im wirklichen Leben auf solch eine hirnrissige Idee zu kommen!

Doch schon im nächsten Augenblick wähnt Ihr Euch schon wieder  kurzzeitig zurück in Eurem Traum, Ihr seht wieder förmlich die erschreckend fiese, mit spitzen Zähnen bewehrte Visage des Mann-Monstrums vor Euch und Euch wird abwechselnd heiß und eiskalt, während der Angstschweiß Eure Kimme hinabrinnt.

Das muss ein Traum sein! Das kann nur ein Traum sein! Und ein ganz schlechter noch dazu!

“Gebrauchte Spiele [sind ein] ‘größeres Problem als Raubkopien'”, steht dort in dicken, blutroten Lettern auf Eurem Monitor eingebrannt.

Irgendein faschistoider Blödmannsgehilfe aus der Spielebranche ist sich offenbar nicht zu schade, sich öffentlich völlig zum Deppen zu machen und der nicht wirklich amüsierten Leserschaft vorzurechnen, dass jedes im Einzelhandel verkaufte Spiel noch ganze vier Mal durch den Gebrauchtmakrt getrieben würde, und dass das doch mal so überhaupt nicht ginge, immerhin würde die Spiele-Industrie daran ja keinen einzigen Cent verdienen und das ginge so jawohl nun wirklich nicht und sowieso und überhaupt!

Ihr fallt fast vom Stuhl, der Schweiß hat mittlerweile kleine Lachen um Eure Füße herum gebildet und Ihr beginnt Euch zu zwicken, in der Hoffnung, endlich aufzuwachen, doch nichts geschieht. Die blutrote Schrift mit der absurden Aussage einer grenzdebilen Industriedrohne grinst Euch immer noch höhnisch an und verspottet Eure Intelligenz.

ONLINEPASS! DASS ICH NICHT LACHE!

Bild: “Goldorak fucks you!” by Julius – Laid Back. Published under Creative Commons License (by-nc-sa).

9 Comment

  1. Wäre es nicht wirklich so, ich würde es nicht glauben!

    Und dein Vergleich ist echt suppa; passt echt voll.

    Und “faschistoider” …passender gehts nicht!

    (Hach, genau wegen solcher Texte weiß ich wieder, warum ich so gerne hier bin!) View all comments by Chris

  2. Detta45 says:

    Klingt wie eine bescheuerte Idee, wie man es den Spielern in Zukunft noch schwerer machen könnte. Zu dumm nur, dass es nicht nur eine Idee sondern schon eine Umsetzung ist. Manchmal glaubt man nicht, was alles durchgesetzt wird, wenn es ums Geld geht. Ich hätte so eine Dreistigkeit nicht erwartet. Bin wohl zu gutgläubig. View all comments by Detta45

  3. Die Industrie soll froh sein, dass die Leute überhaupt noch Spiele kaufen.
    Und wenn die dann auf dem Gebrauchtmarkt landen: Egal, wen kümmert’s?
    Gerade für viele Schüler sind Gebrauchtspiele doch die einzige Möglichkeit, legal für kleines Geld an die Spiele zu kommen.
    Oder sollten die sich den Kram lieber irgendwo (illegal) runterladen?? View all comments by Nico79

  4. Fragdieb says:

    Jetzt, wo es langsam selbst bei Spielepublishern ins Hirn gesickert ist, dass die Berechnung, dass für jede Raubkopie eine nicht verkaufte legale Kopie anzusetzen ist, als Abschätzung für Umsatzeinbußen nicht zu gebrauchen ist, machen sie den gleichen Fehler bei der Abschätzung der Verluste durch Gebrauchthandel nach Schema F nochmal. “Nur 1/4 Umsatz, da jedes Spiel 4x gebraucht verkauft wird…” Manche lernen es echt nie. View all comments by Fragdieb

  5. Superjens3000 says:

    Ich denke, dass man sich diesbezüglich keine Sorgen zu machen braucht.

    Kein Spieler wird so etwas je mit sich machen lassen und es wird mit sicherheit auch niemand ernsthaft auf die Idee kommen, so seinen Umsatz zu gefährden.
    Gerade in Zeiten als selbst der Kopierschutz die Spieler immer mehr nervt und evtl. vom Kauf einen guten Spieles abhält.

    gruß Superjens! View all comments by Superjens3000

  6. Googlehupf says:

    Wenn das aber so ausartet wie in Läden einer nicht näher genannten amerikanischer Spielekette, die einem das gebrauchte Spiel für 5$ unter dem Neukaufspreis verkaufen, kann ich die Publisher schon irgendwie verstehen.
    Was sein Verhalten nicht besser macht. Das Problem ist einfach das die Moralität von Softwarelizensen, die bei Firmen durchaus legitim ist, nun in den Spielesektor einströmt.

    Schon lange bezahlt man beispielsweise 35-50€ an Microsoft, nur damit man einen Windows-Rechner an einen Windows-Server per Domäne anbinden darf. (sprich ich zahl Microsoft für sein Serverprodukt Geld, das Betriebssystem nochmal für Geld (Allein die Fähigkeit für eine Domänenanbindung kostet gleich 100€ mehr), für Office ordendlich Geld und dann nochmal extra für die Erlaubnis den Rechner an den Server anzubinden.
    Für Photoshop bezahlt man etwa 40€ für die Software, für den Schlüssel nochmal 2500€. View all comments by Googlehupf

  7. @Superjens3000: Die Leute lassen leider alles mit sich machen. Sonst hätten Spiele wie CoD 6, Siedler 7 und Assassin’s Creed nicht so hohe Verkaufszahlen. Sonst würden nicht mio. Leute ein Mappack für CoD6 zum Preis von satten 15 € kaufen. Leider ist ein Großteil der Spielerschaft, sich nicht der Konsequenzen dieser Käufe bewußt.

    @Beitrag: Mal ganz davon abgesehen, daß dieses vorgehen wirklich einfach nur frech ist, nimmt EA damit noch weiter die Kaufkraft Ihrer Käufer weg. Jemand der sonst max. 20 € für ein gebrauchtes Spiel ausgibt, muss so 30 € zahlen. Er wird dafür aber statt 2 nur noch 1 Spiel pro Monat kaufen (mal so als Beispiel). Derjenige, der sein gebrauchtes nicht los geworden ist, hat nicht genug Geld um sich das nächste “Neu-Spiel” zu kaufen. EA nimmt 10 € am Gebrauchtspiel ein und verliert dafür 40-50 € am nächsten Neuspiel. Manchmal glaube ich, in den Chefetagen der großen Firmen, denken die Leute nur um 10 Ecken und sehen das Offensichtliche nicht. View all comments by Druzil

  8. Das man wirklich glauben soll all die spiele die raubkopiert und gebraucht gekauft werden würden sonst original gekauft.
    Diese rechnungen sind so lächerlich. View all comments by Samson

  9. Warum gibts eigendlich keine edit function?

    “Allerdings zeigten Statistiken, dass Spiele bis zu vier Mal weitergetauscht werden und damit die Umsätze der Entwickler und Publisher nur ein Viertel des Möglichen betragen.”

    Sollen sie die spiele mal für 1/3 – 1/2 des preises zum start bringen. dann wird weniger getauscht und mehr gekauft (auch wenn der gewinn warscheinlich nicht doll steigt)

    aber mir verkaufen die so kein spiel mehr. ich kauf einfach noch mehr indie games und zock beim kumpel auf der xbox. View all comments by Samson

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