Ein Phantom geht um

phantom

Erinnert sich noch irgendjemand von Euch an dieses Dotcom-Vaporware-Phänomen namens Phantom, das dereinst von der Firma Infinium Labs als neuer Himmelsstürmer am Konsolenmarkt ins Rennen um die spielfreudige Kundschaft geschickt werden sollte? Nein? Macht auch nix. Aus dem kleinen schwarzen Wunderkasten, der damals davon träumte, einmal all das zu können, was für die Xbox 360 heute selbstverständlich erscheint, ist sowieso nie etwas geworden. Im Grunde war das damals als Phantom vorgestellte Konzept nichts anderes als ein selbst zu seiner Zeit bereits relativ schwachbrüstiger PC in einer – zugegeben – recht ansehnlichen Hülle. Interessanter war da schon die dahinter steckende Idee von Infinium Labs, den Spiele-Vertrieb weitersgehend bis ausschließlich über ein zugehöriges Online-Portal aufzuziehen. Das Phantom wäre entsprechend die erste Konsole mit wirklich konsequenter, reinrassiger Online-Strategie dahinter gewesen. Lange vor der Arcade-, Video- und Demo-Plattform auf Xbox LIVE. Wofür man allerdings jahrelang an dem eigentlich fertigen Ding herumbasteln mußte – und vor allem: warum man dabei mindestens 73 Millionen Dollar verbrannt hat – weiß wohl nur Infinium Labs allein.

Gut und gerne sechs Jahre dürften die ersten Ankündigungen zur baldigen Veröffentlichung der Phantom-Konsole nun zurückliegen. Doch statt sich irgendwann verkaufsfertig in den großen Ladenketten dieser Welt im Regal zu präsentieren, tat das Ding, was ein Phantom eben so tut: untertauchen und zu einem Gerücht, einer Legende verkommen, vermutlich noch wenig mehr Geld verbrennen, zu einer Witznummer verkommen, die nichtmal hlb so unterhaltsam wie Duke Nukem Forever ist, sich in Rechtsstreits verstricken, noch ein bißchen Geld verbrennen, die Phantom Konsole endgültig einstampfen, den Firmennamen von Infinium Labs passenderweise auf Phantom Entertainment abändern, noch ein wenig mehr Geld verbrennen und zu guter Letzt schließlich doch noch mit sowas wie einem Produkt um die Ecke kommen.

Ja, richtig gelesen: Infinium, pardon: Phantom Entertainment, haben die viele Zeit und das viele Geld nicht nur zum erholsamen Cocktailschlürfen auf den Bahames genutzt, sondern ganz nebenbei noch zwei neue Produkte aus der Taufe gehoben. Das eine davon ist das Phantom Lapboard, eine Tastatur-Mouse-Mousepad-Kombination für den Wohnzimmergebrauch, die nach langer Ankündigungsphase nun doch endlich sehr bald in den Läden stehen soll. Ehrlich. Versprochen! Bestimmt bald. Wenn nicht nächstes Jahr, dann mit Sicherheit 2019.

Das zweite angesprochene Produkt ist – man mag es kaum glauben – tatsächlich schon released und öffentlich zugänglich. Und es ist darüber hinaus auch noch so unermesslich innovativ, dass es einem glatt die Schuhe auszieht. Es ist… ein DOWNLOADDIENST FÜR GAMES!!!!

Jawoll!

Ist das nicht der Knaller?

Ist das nicht der absolute Oberhammer?

Ein SPIELEDOWNLOAD-DIENST!

Ich kann es gar nicht oft genug betonen, so angetan bin ich von dieser unglaublich guten Idee. 73 Millionen Dollar! Was für eine hervorragende Investition. Geht es noch geiler? Ich sage: nein. Das ist einfach nicht mehr zu überbieten. Das ist einfach unerreicht gut. Ich neige mein Haupt und krieche im Staub. Oh Phantom Entertainment, Ihr seid die größten. Ich will keine anderen Götter mehr anbeten außer Euch.

Heidewitzka… moment mal eben kurz, ich kann den Bildschirm vor lauter Lachtränen kaum noch erkennen…

Selten so gut gelacht. Der Phantom Gamestore befindet sich nun also ab sofort in der öffentlichen Beta-Phase, bietet so innovative Dienste wie das jederzeit mögliche wiederholte Herunterladen von bereits bezahlten Titeln an und schreckt durch die gleichen fröhlichen Wucherpreise ab, die auch andere Online-Stores, von Gamesload, über Steam, bis hin zu Publisher-eigenen Angeboten wie dem EA-Gamesstore objektiv betrachtet nach wie vor wenig konkurrenzfähig zu Versandhändlern und dem guten alten Einzelhandel dastehen lassen.

Sorry, aber gut 30 Dollar für Sid Meier’s Pirates ist beim allerbesten Willen einfach viel zuviel für ein Spiel, das ohne Verpackung, Datenträger und anständig gedrucktes Handbuch daherkommt. Wenigstens haben es die Betreiber geschafft, gleich vom Start weg ein beinahe riesig anmutendes, gut 600 Titel umfassendes Portfolio auf die Beine zu stellen. Von älteren Bestsellern bis zu aktuellen Triple-A-Titeln wie Assassin’s Creed, dem neuen Prince of Persia, Fallout 3 oder Far Cry 2 ist so einiges nettes dabei. Ganz offensichtlich stehen die Phantom-Server auch nicht auf deutschem Boden, denn dann wäre das indizierte Gears of War ganz sicher nicht auch hierzulande herunterladbar.

Alles in allem aber zumindest ein recht rundes Angebot, das vor allem durch seinen Umfang überzeugt, mit den Preisen aber zumindest mich noch deutlich abschreckt. Außerdem dürfte es interessant werden zu sehen, wie man sich gegen etablierte Angebote wie Steam durchsetzen kann. Trotzdem muss ich noch einmal wiederholen: 73 Millionen! Verbrannt! Für sowas! Ich glaube, ich gründe auch ein Web 2.0-Unternehmen: Vaporware Inc. Limited Germany. Wuaha.

10 Comment

  1. Ganz groß! Ich klick da grad drauf und was kommt?
    http://gamestore.phantom.net/maintenance.html
    Man muss die Server aufmotzen. Zwei Tage nachm Launch.
    Baddabing! View all comments by Schaedel

  2. Du wirst lachen, aber ich habe gerade gestern fünf E-Mails schreiben müssen, um ein Spiel, dasich gekauft hatte, noch einmal herunterladen zu dürfen.. Gerade, wenn Demo und Verkaufs-Version getrennt vertrieben werden, kann man leider immer noch nicht überall davon ausgehen, daß man das Ding in den nächsten 100 Jahren immer wieder herunterladen können wird.
    Und dieses Gamer-Keyboard wird bestimmt mit DIN-Stecker ausgeliefert. 😉

    Bei Vaporware Limitead steige ich auch sofort ein.. View all comments by nille

  3. Ich gehe mal davon aus, dass das, das zugehörige Portal zur Konsole war.
    Jetzt wird es eben ohne Konsole genutzt. Braucht man’s? Eher nicht. Stört’s mich? Eher auch nicht.

    Handbücher und schön bedruckte Verpackungen mal aussen vor: Wenn ich Bock auf ein älteres Spiel und keinen Bock auf “draussen” habe, kann es nicht genug Download-Portale geben. View all comments by Kazoom

  4. Bei Steam tobt ja auch grad die Diskussion wegen der Umstellung auf Euro-Preise. Vorher hat man vom guten Dollarkurs gezehrt, Valve hats anscheinend bemerkt und steuert nun gegen. Die Aufregung darüber ist groß – obwohl es ja eigentlich normal ist, dass Preise in verschiedenen Ländern unterschiedlich sind, aber das kannst du keinem im weltweiten Internet klarmachen. Okay, granted, die Hauptaufregung rührt daher, dass die Download-Spiele teilweise im Laden günstiger zu kriegen sind, als per Download, was dem nachdenkenden User die Frage aufwirft: Warum ist es nicht billiger? Will da der Steam Shop gar mehr Gewinn machen?

    Ich selbst bin unentschlossen. Warum die Downloadportale Preise haben, die nicht günstiger sind als im Laden, hab ich noch nicht ganz enträtselt – irgendwie scheint mir die Erklärung “Na weil die uns abzocken!!!11” zu einfach zu sein. View all comments by laZee

  5. In Europa sind die Steam-Spiele doch seit langem teurer. Und nun wird auch noch die Mehrwertsteuer mit angezeigt, insgesamt hat sich da doch so gut wie nichts verschoben.. In irgendeinem Laden ist es natürlich immer billiger. View all comments by nille

  6. Stimmt, Anfang des Jahres kam ich über meine alte Firma auch Zugriff auf den amerikanischen Steam-Store und durfte feststellen, dass die dort angezeigten Dollarpreise in der Regel gut 10 bis 20 Dollar unter den in Europa verlangten Preisen waren. Im Grunde dürfte Valve also wirklich bloß endlich mal den Wechselkurs umgelegt haben und die Steuern mit eingerechnet haben (die ja vorher auf den sowieso schon erhöhten Europapreis trotzdem noch mit drauf kamen). View all comments by Christian

  7. Lustig ist das meine halbe Steam-Friendlist plötzlich im Clan (1€ ≠ 1$) unterwegs ist, garnicht mitbekommen das Steam da was umgestellt hatte, weil über Downloadportale sich etwas kaufen total uncool ist. Aber hey, die Preise sind doch etwa die von Karstadt, Saturn und Co.
    Das die Dollarpreise aber höher waren kann ich so nicht bestätigen, zumindest bei World of Goo stand vorher 19,99$ und jetzt 19,99€ View all comments by Kreon

  8. Der alte Preis für World of Goo wäre nach heutigem Wechselkurs inklusive Steuern etwa 17 Euro (wobei da auch immer gern aufgerundet wurde auf Seiten von Steam). Laß den Kurs ein wenig schwanken und man kommt auch auf 20 Euro..
    Third-Party-Titel wie ET:QW kosteten in Europa z. B. gern 70 USD plus Steuern während nordamerikanische Steam-Nutzer zum gleichen Zeitpunkt 50 oder 60 USD zahlen mußten. View all comments by nille

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