Iron Man

Yeah. I can fly.” Hätte es eigentlich eine bessere Wahl für die Besetzung des Tony Stark geben können, als Robert Downey Jr.? Ich glaube nicht. Mit welcher Spielfreude, Bissigkeit und welch trockenem Humor dieser Mann durch seine Filme fegt, ist einfach unbeschreiblich gut. Das war vielleicht nicht immer so, doch in den letzten Jahren hat er es mit seinen wenigen Auftritten tatsächlich geschafft, sich einen Stammplatz ganz weit oben auf meiner persönlichen Liste der besten Hollywood-Schauspieler zu ergattern. Dabei fing meine Bewunderung ausgerechnet mit Ally McBeal an. Dort gab er den süffisanten Anwalt mit der flotten Lippe, der sich geradezu meisterliche Wortgefechte mit der titelgebenden Serienheldin lieferte. Grandios. Und dann sein “Every breath you take“. “Well… I did bring Sting…”. Uff. Weitere Stationen waren dann unter anderem Gothika (doofer Film, though), der ziemlich schräge wie coole Streifen Kiss Kiss Bang Bang, Richard Linklater’s A Scanner Darkly, die Rolle des abgehalfterten Reporters in David Fincher’s Zodiac und nun also schließlich Iron Man.

Der übringens nicht von irgendeinem dahergelaufenen Möchtegern-Regisseur inszeniert wurde, sondern von Schauspieler John Favreau, den man selbst als Bodyguard im Film zu Gesicht bekommt und der zuvor unter anderem Auftritte an der Seite Seinfeld’s, in Chicago Hope, Deep Impact oder Very Bad Things hatte und als Regisseur bereits für Streifen wie Zathura verantwortlich zeichnete. OK, vielleicht auch nicht die allerbesten Referenzen. Aber immerhin kann der Mann auf seine langjährige Erfahrung vor und hinter der Kamera zurückgreifen. Und scheint darüber hinaus ein wirklicher Fan der Original Iron Man-Comics von Marvel zu sein. Das merkt man in jeder Sekunde des Films, der zwar nicht sonderlich tiefgründig, aber mit liebevollem Blick für kleine Details den Werdegang des Tony Stark hin zu einem Superhelden in stählerner Rüstung nachzeichnet.

Stark ist zu Beginn eigentlich alles andere als ein Sympathieträger. Der Lebemann ist hauptberuflicher Waffenproduzent mit moralisch eher fragwürdigem Lebensmotto. Dabei scheint ihn das Geschäft eigentlich eher weniger zu interessieren, mehr eine lästige Randerscheinung zu sein. Nicht umsonst wohl bekommt er gewichtige Umwälzungen innerhalb seines Konzerns gar nicht erst mit. Stark genießt das Leben als kongenialer Tüftler und Playboy, der sich lieber in seinem Keller einschließt, um raffinierte neue Maschinen zu entwickeln oder einfach mal wieder an einem seiner vielen hochpreisigen Autos herumzuschrauben, wenn er nicht gerade das Nachtleben unsicher macht und sämtliche FHM-Titelgirls flachlegt. Das Geschäftliche erledigt er en passant, wichtige Meetings und Aufsichtsrats-Zusammenkünfte läßt er sausen oder verpaßt sie trotz seiner stets rührend um ihn bemühten Assistentin Pepper (Gwyneth Paltrow) und seines intelligenten Supercomputers. Bei seinen Waffengeschäften mitten in der afghanischen Wüste geriert er sich als nonchalanten Mr. Cool, der es genießt, sich vor dem Panorama ganzer explodierender Gebirgszüge mit elegantem Zwirn zur Schau zu stellen und dabei ein Glas Whiskey auf Eis zu schlürfen.

Doch all dies findet ziemlich schnell ein jähes Ende, als Stark’s Autoconvoi in der Wüste angegriffen und er selbst schwer verletzt und von afghanischen Rebellen verschleppt wird. Deren Forderung: ihnen seine jüngste Raketen-Produktreihe Marke Jericho mit Hilfe unzähliger anderer Waffen aus seiner Produktion nachzubauen. Nicht ganz einfach, wenn man gerade eben einen unförmigen Elektromagneten in seine Brust implantiert bekommen hat, der an eine Autobatterie angeschlossen ist und dem Zweck dient, Granatensplitter in seiner Brust von dem Vordringen in sein Herz zurückzuhalten. Also bastelt Tony sich zunächst lieber einen neuen Magneten samt implementiertem Minikraftwerk, das fortan fröhlich aus seinem Brustkorb leuchtet. Anschließend macht er sich daran, statt des verlangten Sprengkörpers eine eiserne Rüstung zu bauen, die ihm dabei helfen soll, die Rebellen zu erledigen und aus seinem Gefängnis zu entkommen. Leider bleibt bei seinem Plan auch ein neu gewonnener Vertrauter auf der Strecke. Als Tony wieder daheim angekommen erkennt, welches Unheil seine Waffen wirklich anrichten, beschließt er, sich auf einen Kreuzzug gegen seine eigenen Produkte zu begeben und diese aus den Händen krimineller Organisationen (hier: der Rebellen) zu reißen. Das alles wirkt storymäßig zwar ein wenig dünn und nicht unbedingt schlüssig, reicht aber aus, um dem Film genügend Anschwung für die zweite Hälfte mitzugeben.

Die, in der Stark entdeckt, dass sein langjähriger Freund und Mentor Obadiah Stane (genial: Jeff Bridges) ihn hintergangen hat und ihm nach dem Leben trachtet. Dieser ist ganz versessen auf Stark’s Idee von einer waffenstarrenden Rüstung, die dem Träger geradezu übermenschliche Fähigkeiten verleiht.

Also kommt es zum unvermeidlichen Showdown, der glücklicherweise nicht allzu sehr auf puren Bombast und Effekte der Effekte wegen reduziert wird, sondern, genau wie der gesamte restliche Film, mit einem netten kleinen Augenzwinkern daherkommt. Dieses sich selbst-nie-so-ganz-ernst-nehmen ist es auch, das den Film wohltuend von anderen Comic-Verfilmungen abhebt. Vor allem von den enorm missratenen dritten Teilen der X-Men und Spiderman-Reihen. Wobei gerade letzterer zwar auch stets um eine Prise Humor bemüht ist, dabei aber zu sehr mit dem Holzhammer schwingt und im dritten Teil nur noch bemüht komisch und dadurch ziemlich lächerlich wirkt.

Das Iron Man das humoristische Pferd von der anderen Seite aufzäumt, merkt man nicht zuletzt an dem unvermeidlichen Cameo-Auftritt der Marvel-Legende Stan Lee, der sich hier offenbar sehr gut in der Rolle des Pyjama-tragenden Hugh Heffner gefällt. Und auch in allen anderen Belangen weiß der Film vollauf zu überzeugen und darf sich daher einreihen in die (bislang noch viel zu kurze) Liste der Comic-Verfilmungen, die einen deutlich erwachseneren, düsteren, „realistischeren“ Ton anschlagen, wie etwa die Batman-Wiederbelebung durch Christopher Nolan. Ein exzellentes Cast, eine Story, die zwar nicht übermäßig tief schöpft, aber niemandem weh tut und coole Effekte, die nicht zu sehr in den Vordergrund spielen – so muss eine Comic-Umsetzung aussehen. Von daher bin ich nun schon ziemlich gespannt auf den nächsten Hulk-Film, der in eine ähnliche Richtung zu gehen scheint. Und Tony Stark, soviel ist sicher, ist ebenfalls wieder mit von der Party. Yeah!

2 Comment

  1. Es deprimiert mich, dass die ganzen großen Charakterentwicklungen, die in den Comics vollzogen wurde, in den Filmen gar nicht abgebildet wird. Liebend gerne würde ich Tony Stark mal als den alkoholisierten Fascho erleben, der seine Mit-Superhelden in ein Hightech gefängniss steckt, wenn sie nicht nach seiner Pfeife tanzen. DAS war mal ne Storyline… View all comments by m.a.

  2. Wobei ich finde, dass der Trunkenbold-Ansatz zumindest schonmal denkbar ist, weil Stark ja durchaus als Lebemann präsentiert wird, der auf dem Flug zu Terminen säuft und keine Party ausläßt. Bin mal gespannt was da noch so kommt. View all comments by Christian

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