Virtual Console? Scheiß der Hund drauf!

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Nintendo hat mit seiner Wii und der Virtual Console ja wirklich ein absolutes Glanzstück vollführt. Durch den nahezu kompletten Verzicht auf Next-Gen-Technologie und die – nennen wir es mal “revolutionäre” – Steuerung, samt unzähligen Spaß- und Partyspielchen, lockt man fröhlich noch jeden sonst so spieleverabscheuenden Rentner hinterm Ofen hervor, während die VC vor allem viele Hardcoregamer ansprechen dürfte, die sich den weißen Kasten damals aus Neugierde zugelegt haben, nun aber nicht so recht wissen, was sie damit eigentlich anfangen sollen. Nicht zu vergessen natürlich all die Nostalgiker, denen sich nun die famose Gelegenheit bietet, all die schönen Klassiker wieder einmal aufleben zu lassen, indem sie samt Classic-Pad bewaffnet 8-Bit-Retro-Games von Big N‘s Downloadplattform saugen, um anschließend durch grob pixelige Spielewelten zu huschen, immer im Hinterkopf, dass früher irgendwie alles besser war. Recht haben sie ja irgendwie. Und weil das so ist, hab ich mir folgendes gedacht: Warum denn eigentlich 250 Euro plus X in eine neue Konsole buttern, nur um fast ausschließlich altes Zeug zu spielen, dabei aber auf den richtigen Retro-Charme verzichten zu müssen? Also hab ich mich vom stylishen weißen Nintendo-Regal abgewendet und meinen Blick mal bei ebay über diverse Angebote schweifen lassen, ehe meine Augen an dem Stück Hardware hingenblieben, das meine Jugend – neben dem C64 – wohl am meisten geprägt hat: Der Commodore Amiga 600. Schwups, mal eben 40 Euro investiert und die kleine Kiste samt 50er Diskettenbox und zweitem Laufwerk gehörte mir.

Gut, ich glaube, so richtig drüber nachgedacht hab ich dabei nicht und war ein kleines bißchen zu impulsiv. Ich hab nämlich gar keine Spiele mehr von früher. Argh. Muss ich mich auch erst wieder durch ebay wühlen, um noch intaktes und funktionstüchtiges Zeugs zu ergattern. Da lohnt sich ja doch fast wieder eine Wii und die Investition in Punkte für die VC. Aber trotzdem: mir fehlt der richtige nostalgische Faktor. Was hab ich diesen kleinen hellgrauen Kasten damals geliebt. Obwohl ihm der Ziffernblock fehlte und dadurch das großartige Special Forces nicht richtig spielen konnte (das zu zweit übrigens erst richtig Spaß gemacht hat, aber das ist noch ein ganz anderes Thema). Aber immerhin konnte man den A600 ohne weiteren Adapter direkt via Cinch an den Fernseher anschließen, oder ohne sich extra einen Monitor dafür zulegen zu müssen. Und er hatte von Haus aus doppelten Arbeitsspeicher (1 MB!!!!!! OMFG!!!). Allein das war die Anschaffung damals schon wert. Außerdem gab es für den (eigentlich müßte es ja “die” heißen, aber meiner war immer männlich) Amiga etwas, für das ich ihn jederzeit gerne jeder Konsole der damaligen Zeit vorgezogen habe: einen Joystick (vielleicht war er deshalb männlich?)! In seiner Einfachheit bis heute nicht zu unterbieten, müßte selbst jeder Casual-Depp, der heute fröhlich mit einer weißen Fernbedienung in der Luft winkt, ohne weiteres auch mit einem solchen Joytick umzugehen wissen. 8 Richtungen, in die man steuern kann und ein bis mehrere Feuerknöpfe, die sämtlich die gleichen Funktionen bieten – das war’s. Mehr war auch überhaupt nicht nötig. Damit hab ich mich durch Klassiker wie Turrican, Superfrog, Fuzzball, The Chaos Engine, Speedball 2, Alien Breed und wie sie alle hießen manövriert und geballert. Herrlich.

Irgendwann war damit dann leider Schluss. Meine Eltern meinten damals, Computerspiele wären das personifizierte Böse, der Satan in digitaler Form (man kennt das ja) und ehe ich mich versehen konnte, war der Amiga weggesperrt und Computer für mich tabu. Damals war ich so ungefähr Anfang 16. Schon schlimm. Nach einer Weile hatte ich dann das Interesse verloren (aus den Augen, aus dem Sinn) und als dann irgendwann der Führerschein anstand, habe ich tatsächlich das Undenkbare getan, bin hinunter in den Keller, hab die Kiste mit dem Computer, sämtliche meiner Disketten, dazu meinen wunderschönen blau-durchsichtigen Competition Pro und obendrauf meine gesamte ASM– und Play Time-Sammlung genommen und das ganze in einem Abwasch verkauft, um den Fahrlappen zu finanzieren. Da steh ich also heute nun, ohne jemals ein eigenes Auto besessen zu haben, aber immerhin mit Führerschein, dafür mit schlechtem Gewissen meinem geliebten Heimcomputer gegenüber und mir blutet das Herz, ob des – zumindest in meiner Phantasie – harten Schicksals meiner wunderbaren ASM-Kollektion. Oh verdammt, ich glaub, ich muss heulen.

Allein das rechtfertigt doch schon meinen Kauf gestern vollkommen, oder nicht? Mir egal, wenn ich dann bloß drei oder vier Games damit spielen kann. Die Wiedergutmachung meiner Sünden alleine war den Preis doch schon allemale wert. Amen.

P.S.: Die wunderschöne Header-Grafik stammt übrigens aus der I am 8 Bit-Ausstellung und wurde hier gefunden.

15 Comment

  1. Huiuiui, Tiffi. Die Überschrift hat ja schon fast ZEITUNG Niveau. 😉

    Naja, hat auf jedenfall gezogen, schliesslich habe ich mich angesprochen gefühlt und den Artikel gelesen. Sollte mir das jetzt zu denken geben? Ich weiss nicht .. und schweiffe ab. Was ich eigentlich sagen wollte: ganz deiner Meinung. Habe mir bisher noch keinen VC-Titel gegönnt, obwohl mind. einer umsonst wäre (Sterne). Über das warum habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht. Kam einfach bisher nicht in Frage. Vielleicht bin ich zu faul, mich durch das Angebot zu wühlen, vielleicht ist es aber auch der von dir angesprochene fehlende Retro-Faktor. Vielleicht sehe ich es aber auch einfach nicht ein, Nintendo für nen simplen Download jahrzehnteralter Spiele (die in keinster Weise noch mal angefasst wurden) Geld in den Rachen zu schmeissen.

    Mein erstes SNES hat übrigens ein ähnliches Schicksal erlitten wie dein Amiga. Nur ist das nicht für Auto sondern für -keine Ahnung- draufgegangen. Habe den Fehler allerdings von Jahren wieder behoben. View all comments by Holger

  2. Auch wenn ich dir was das Spieleangebot der Wii angeht nicht zustimme (zumindest mit den Nintendo-Titeln bin ich hoch zufrieden) und auch die Casual Gamer finde ich hier arg ungerecht behandelt, so bin ich bei der VC auch eher skeptisch. Für gewisse Klassiker wie SMB und Super Metroid finde ich es noch in Ordnung. Insgesamt finde ich die Preise dann aber doch etwas übertrieben.

    Habe damals leider auch mein SNES verkauft und bereue es seitdem. Durch die VC habe ich auch öfters überlegt, ob ich mal wieder eine alte Konsole anschaffen soll. Da ich aber noch zwei C64 und einen Amiga 1200 im Keller habe, die ich aus Platzmangel nicht aufgebaut lassen kann, schrecke ich bisher davor zurück. Wäre auch ein ziemlicher Kabelsalat, wenn ich dazu noch ein paar ältere Konsolen aufbauen würde. View all comments by ahe

  3. Man muss ja ja Titel-technisch nicht immer handzahm vor sich hinwegetieren. Einfach mal alles raus lassen, das befreit ungemein! 😉

    Das Wii-Spieleangebot ist mit Sicherheit sehr subjektiv empfunden. Momentan sehe ich persönlich da leider immer noch nicht viel, für das sich die Anschaffung des weißen Daddelkastens lohnen würde. Twilight Princess und SMG reichen mir einfach nicht als Kaufargument (auch wenn ich für mehr Spiele sowieso keine Zeit hätte ;-)).
    Außerdem finde ich, dass ich total freundlich und zuvorkommend zu den Casual Gamern bin. Hehe.
    Nein, mal ernsthaft: die allgemeine Annahme ist ja genau, dass hochkomplexe Spielmechanismen, wie sie heute Gang und Gäbe sind, zuviel für den Einstieg sind und dass die Steuerung mit teilweise mehrfach belegten Buttons eines Gamepads nicht gerade einsteigerfreundlich ist und daher ebenfalls abschreckend wirkt. Solche Leute hatten es zu Amiga-Zeiten mit Sicherheit leichter. Mit dem Joystick rumzurudern ist nunmal genauso einfach, wie mit der Wiimote zu fuchteln. Sieht bloß ungewohnt aus und wird deshalb auch schon wieder nicht so gerne angenommen wie eine Steuerung via Fernbedienung. Fernbedienung, die kennt auch Opa Heinz noch, den Arm bewegen kann er mit etwas Glück auch noch, also setzt sich sowas halt durch. Kein Problem. War ich halt nur etwas übermäßig zynisch, ja und? 😉
    Dieses Kabelgewirr würde mich ja so nicht weiter abschrecken, aber ich würde mit Sicherheit schräg angeschaut werden zuhause, wenn ich jetzt laufend mit neuen Konsolen ankäme. View all comments by Christian

  4. Naja ich finde es grundsätzlich keine schlechte Idee Spiele wieder etwas zugänglicher zu machen. Schließlich sehne ich mich auch des öfteren wieder nach einfacheren Spielen ohne Story, ohne Videosequenzen und ohne Speicherfunktion, bei denen man einfach mal von Level 1 an loslegt, es ordentlich krachen lässt und schaut wie weit man kommt. Sowas wie SMB, R-Type oder Raptor eben. Von daher bin ich auch froh, dass man sowas jetzt wieder in den Online Stores der Konsolen kaufen kann.

    Was jenseits von Wii-Sports stattfindet ist zwar auch nichts für mich aber wenns den Leuten Spaß macht sollen sie von mir aus damit glücklich werden. Und wenn Spiele dadurch eher Mainstream werden hat das vielleicht auch für uns irgendwann mal seine Vorteile in der politischen Diskussion 🙂 View all comments by ahe

  5. Genau diese einfachen Spiele sind es momentan auch, die mir völlig fehlen. Einfach mal wieder ein simples 2D Jump’n’Run in anständiger Sidescroller-Manier zu spielen – das vermisse ich momentan völlig. Die alten Spiele wären tatsächlich auch der absolute Hauptgrund, warum ich mir momentan überhaupt eine Wii zulegen würde. Von daher hoffe ich gerade inständig, dass ich Superfrog u.ä. für den Amiga ergattert bekomme. View all comments by Christian

  6. @Christian: Du weißt aber, dass man Spiele mit entsprechender Software und nem PC mit Diskettenlaufwerk auch auf für den Amiga formatierte Disketten schreiben kann? Mittlerweile solls auch Spiele aus der Zeit geben, die von den Herstellern freigegeben wurden, so dass man sie einfach aus dem Internet saugen und auf Diskette kopieren kann.

    Ist aber schon ne Weile her, so dass ich auch nicht mehr genau weiß, welche Software man dafür braucht. View all comments by ahe

  7. Hab mir das heute mal ein wenig angeschaut. So ganz durchgeblickt hab ich da noch nicht. Von Factor 5 gibt es beispielsweise kostenlose Images von R-Type und BC Kid, die als Abandonware freigegeben sind. Die wären groß genug, um auf eine einzelne Diskette zu passen. Problem beim Amiga-Format: das hat wohl die 1,44 MB Diskettenkapazität nicht ausgenutzt. Die Disk muss deshalb wohl wirklich erst irgendwie umständlich mit den Images bespielt werden. Bei größeren Backup-Images wie etwa Turrican 3, dass man sich ebenfalls legal runterladen darf, sofern man das Original besitzt. Das passt nur leider nicht auf eine Diskette und läßt sich auch nicht mal eben so splitten. Erstmal schauen, was da so alles dabei ist. View all comments by Christian

  8. Ich finde die VC gut. Wenn einem die Titel zu teuer sind, lässt man halt die Finger davon. Ich durchforste den Katalog, finde einen Klassiker und lade den runter. Natürlich wäre es besser, wenn die Titel weniger kosten. Ist klar, aber die Idee ist einfach genial. Alleine in den Genuss von Probotector und anderen Titeln zu kommen, ist eine extrem feine Sache. Auch die, und ich behaupte jetzt mal, vorallem die, Casual Gamers laden solche Titel herunter.

    Und das “Retro” am Besten auf der alten Hardware funktioniert liegt in der Sache selbst. Das ist wie mit diesen Jukeboxen von früher (Elvis Zeit 😉 ). Von diesen Maschinen gibt es ja auch Nachbauten, aber die sind alle nicht so cool wie die alten Geräte selbst. Genau so wie die amerikanischen Kühlschränke usw., usf.

    Es wird immer irgendwo mehr Spaß machen, die original Konsole aufzubauen und auf dem original System zu spielen. Ich habe weder Platz noch Zeit dies zu ermöglichen. Würde ich mir nur auf die alten Spiele konzentrieren, würde das vllt. anders aussehen, aber kaum ein SNES aufgebaut, gespielt und schon schlägt es mich wieder an den PC um ein aktuellen Titel zu spielen. So schmeiß ich die Wii an, zock nen alten Titel und gut ist.
    Ich wünsche mir für die VC mehr Amiga Titel. Vor langer Zeit wurde mal Turrican angekündigt. Bis heute nix davon gesehen. Das wäre mal geil und vor allem: Gleich gekauft 😉 View all comments by suicide

  9. Nachdem ich gestern noch ein wenig bei Ebay rumgestöbert habe, überkommt mich langsam der Verdacht, dass es unterm Strich preislich nichtmal mehr einen großen Unterschied macht, ob man sich eine (relativ) teure Wii samt Retro-Titeln kauft, oder einen günstigen Amiga samt vergleichsweise sündteuren Originalspielen. Unter 20 Euro für gute Spiele geht da ja anscheinend auch nichts mehr.
    Hab ich den Trend verschlafen?
    Hätte ich vor 3 Jahren schon zuschlagen sollen?
    Hilfe! View all comments by Christian

  10. @ahe: so nen SNES kostet doch heute nichts mehr. Mit dreissigmackfuffzich biste dabei. MK2 und 3 z.B. hab ich auf einer nicht ganz so berühmten Auktionsplattform (ich glaub atrada oder so) zusammen für 5 Euro bekommen. Ich weiss noch damals hat mich eins 150 DM gekostet. Dafür musste ich nochin den Sommerferien im Schweisse meines Angesichtes Zeitungen austragen. Mann Mann Mann. Einzig Spiele wie Mariokart oder seltenere Nerd-Nischentitel liegen noch bei 20Euro plus. Und wie suicide schon sagte: “Es wird immer irgendwo mehr Spaß machen, die original Konsole aufzubauen und auf dem original System zu spielen.” Dem kann ich nur zustimmen. View all comments by Holger

  11. […] End of Level Boss im Retro Feeling. Wie von mir schon dort kommentiert: Ich finde die VC […] View all comments by gamequickie » Blog Archive » the GeeKWeek - 09/2008

  12. nintendo ds -fan says:

    man ich steh nich auf solche alte virtuelen sachen und so zeug View all comments by nintendo ds -fan

  13. …und auf Rechtschreibung und/oder deutsche Sprache offensichtlich auch nicht, hmm? 😉 View all comments by Christian

  14. Mikami God says:

    die wii wird viel zu viel unterschätzt 😉 hardcore games folgen noch und party konsole ansichtssache 😉 View all comments by Mikami God

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