Und dann war da noch…

deafdumblind.jpg

… der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware, oder kurz BIU, der im Dezember groß verkündete, dass die vom Bundeskabinett beschlossenen Änderungen am Jugendschutzgesetz (JuSchG) auf Basis der Vorschläge des Bundesfamilienministeriums verfassungswidrig seien. Was ja schonmal ein ganz schöner Hammer wär. Und deshalb sollte man in der Konsequenz eigentlich erwarten dürfen, dass der BIU auf dieser Basis anfängt öffentlichkeitswirksam auf eben jenen Umstand aufmerksam zu machen und vielleicht sogar die Annahme, die Änderungen am JuSchG verstießen gegen die bundesdeutsche Verfassung, auf irgendeine Art und Weise zu untermauern. Ja, eventuell sogar ein juristisches Gutachten in Auftrag zu geben, um daraufhin gegebenenfalls eine Verfassungsbeschwerde einzureichen. Wenn doch so offenkundige Widrigkeiten vorliegen, sollte sich das doch einrichten lassen. Über einen Monat ist seitdem vergangen. Aber was ist passiert? Richtig: Nichts! Keine einzige weitere Verlautbarung in diese Richtung, nicht das geringste Anzeichen, dass man irgendwetwas in dieser Sache zu unternehmen gedenke. Sieht so etwa gute Öffentlichkeitsarbeit aus, lieber BIU? Ich glaube nicht.

Gesetzt den Fall, dass diese ganze Novellierungsgeschichte des Jugendschutzgesetzes tatsächlich nicht ganz koscher ist, müßte es doch absolut im eigenen Interesse sowohl der einzelnen Publisher, als auch gerade des diese vertretenden Interessenverbandes liegen, ein wenig für die Aufklärung der nicht ganz durchsichtigen Sachlage zu sorgen. Allein schon, um sich selbst eine sichere Grundlage zu schaffen, auf der die operationalen Tagesgeschäfte auch in Zukunft ohne weiteres reibungslos ablaufen können. Will sagen: ohne dass sich Vertriebsstrategen jeden Tag aufs Neue fragen müssen, ob Spiel XY nun tatsächlich in Deutschland veröffentlicht werden kann/ darf/ sollte, oder ob zu befürchten steht, dass es aufgrund eventuell problematischen gewalthaltigen Inhaltes vom Start weg indiziert und aus den Regalen verbannt wird. Klar wäre das so oder so ein herber finanzieller Rückschlag, wenn einem plötzlich ein großer Teil der angestrebten Zielgruppe wegen undurchsichtiger und/ oder unsinniger Regelungen wegbröckelt. Aber man könnte sich immerhin aufwändige und kostenintensive Marketingkamapgnen sparen. Dass es aber plötzlich ausgerechnet in einem der weltweit größten und absatzstärksten Märkte für Computer- und Videospiele geradezu zu einem reinen Glücksspiel verkommt, welche Altersfreigabe einem Titel verliehen wird, kann absolut nicht Sinn der Sache sein und muss jedem Publisher zwangsläufig zuwider sein.

Wenn also nun schon in Form des BIU eine offizielle Interessenvertretung der Industrie besteht, warum tritt diese nicht endlich einmal lautstarker auch nach außen auf und stampft mal ordentlich mit dem Fuß aufs Parkett? Vor allem aufs politische, wenn’s denn sein muss. Bislang hat der BIU sich vor allem durch einmalige, wenig öffentlichkeitsstarke Maulereien ausgezeichnet, in deren Rahmen hier und da Gegenpositionen zu populistischen Äußerungen und Meinungsbildungen bezogen wurden. Konsequent jedoch war das bislang alles nicht. Statt am Ball zu bleiben, sich in den Vordergrund zu spielen, Politiker und meinungsbildende Schundblätter auszudribbeln und öffentlich einen starken Gegenpol zu Pfeiffer, Beckstein und Konsorten zu bilden, zog sich der BIU bislang noch jedesmal scheinbar beleidigt in die Ecke zurück, wenn er auf eine Äußerung hin scheinbar nicht die Aufmerksamkeit erhalten hat, die er gerne bekommen hätte. Von langem Atem nicht die geringste Spur.

Statt sich aktiv um einen Dialog zu bemühen, kritisiert man also lieber im Nachinein, dass man im Vorfeld der Kabinetts-Verabschiedung der Änderungen am JuschG nicht zum Runden Tisch mit dem Familienministerium eingeladen wurde. Ja, wie denn auch, wenn man nicht endlich mal das Maul aufreißt und zeigt, dass man nicht nur einfach da, sondern zudem zu einem enormen wirtschaftlichen Fakor im Land geworden ist, an dem der Staat auch steuerlich ganz ordentlich mitverdienen dürfte. An dieser Stelle sein nur mal wieder auf die Tatsache hingewiesen, dass Spiele das Medium Film, zumindest im Vergleich mit den Umsätzen an den Kinokassen, längst locker abgeschüttelt haben. Aber nein, der BIU sitzt lieber schmollend in der Ecke. Wenn dann noch vielleicht der Verband der Spielentwickler G.A.M.E. nebenbei in einer Diskussionsrunde die Bemerkung fallen läßt, dass er in der und der anderen politischen Gespärchsrunde aktiv sei, ist das Geheul groß. Statt also nun interessiert auf jene Fraktion zuzugehen, kommt entsprechend vom BIU bloß ein enervierendes “RABBÄÄÄÄH, wiiiiesoooo dürfen die mit Euch reden und wir nicht?!!? *schniiiiieeef*”. Klar, auch ein Weg, um ins Gespräch zu kommen. Aber auch der richtige?

Dass G.A.M.E. und BIU sich sowieso nicht allzu grün sind, dürfte kein großes Geheimnis sein. Deshalb zieht heute also nun jeder sein eigenes Ding durch und der Verband der Unterhaltungssoftware Deutschland (VUD), damals heißer Anwärter auf die Position als Begründer einer starken und politisch akzeptieren Spiele-Lobby, ging aufgrund von Querelen innerhalb des Verbandes in die Binsen. Unschön und der Sache herzlich wenig zuträglich.

Wenn also nun BIU-Geschäftsführer Olaf Wolters erklärt „Die vorgeschlagene Ausweitung der gesetzlichen Indizierung ist verfassungswidrig und wird den Jugendschutz bei Computer- und Videospielen nicht verbessern”, dann erwarte ich künftig auch, dass man sich als Verband öffentlich stärker für die Belange der Industrie einsetzt und gegebenenfalls prompt mit einer Verfassungsklage droht, statt einfach so zum nächsten Tagesordnungspunkt überzugehen. Nun bin ich kein Jurist und habe deshalb auch keine Ahnung, ob eine solche Klage zum jetzigen Zeitpunkt schon möglich ist, oder erst, wenn der Gesetzentwurf tatsächlich durch den Bundestag gewinkt wurde. Aber ein deutliches Zeichen, auch für die Öffentlichkeit, wäre es in allem Male, schon einmal vorsorglich damit zu drohen. Ansonsten sehe ich uns in naher Zukunft schon alle gemeinsam darum bangen, ob der nächste Super Mario-Teil nicht vielleicht doch aufgrund übertriebener Gewalt gegen diese suuuupersüßen Schildkröten auf dem Index landet.