Die ganz besondere Ausgabe des Hexers

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So langsam entwickle ich mich zu einem echten Fan von Special Editions. Umso schöner finde ich deshalb auch, dass offenbar immer mehr und mehr Entwickler ihre Publisher so lange bequatschen, bis ihr Spiel ebenfalls in einem dicken Paket mit allerlei Bonus-Goodies erscheint. Dabei ist der Inhalt oftmals gar nicht so berauschend, aber immerhin: der gute Wille zählt. Wenn man das Ganze dann auch noch für nur ein paar Euro mehr als die Standard-Ausführung bekommt, ist doch alles im Lack. Erst wenn für eine Making-Of-DVD und ein lieblos zusammengetackertes 32-Seiten-Heftchen mit unkommentierten Artworks gleich 15 Euro an Mehrkosten bedeuten, wirds dann doch lächerlich. Aber selbst wenn man sich die beigelegten Extras selbst überhaupt nicht weiter anschaut, spätestens beim Abstellen der Box im heimischen Regal weiß man seine Mehrausgaben wieder zu schätzen. Das sieht einfach alles soviel schöner aus, als die profanen DVD-Hüllen, mit denen Games heute oftmals so lieblos ausgeliefert werden. Da lasse ich mich doch lieber von dem Anblick einer massiven Big Daddy-Figur und dem dicken Buchrücken der Civilization-Anthologie erfreuen, als von schwarzer Schrift auf weißem Grund. Klar, es gibt auch jenseits von Special Editions löbliche Ausnahmen im Verpackungseinerlei. Spellforce etwa, in seinem großen Karton mit der schnieken Prägeschrift. Und sicher auch einige mehr. Auffällig hier ist allerdings, dass solche Verpackungen im Ausland wesentlich häufiger erhältlich sind als hierzulande.

Man nehme etwa mal die Pappschachteln der US-Versionen von F.E.A.R. oder Half Life 2 als Beispiel. Bei uns in der Form mittlerweile nahezu undenkbar. Außer eben gegen Aufpreis als Sonderauflage. Irgendwie ist also der Aufstieg von Computerspielen zu einem Massenmedium auch ein wenig traurig, ging damit immerhin eine – man ist fast schon geneigt es so zu nenen – eigene Kunstform den Bach hinunter. Was allein insofern schon schade ist, als dass sich Spiele durch ihr auffälliges Verpackungsdesign so wohltuend von Konkurrenzmedien abzusetzen wußten. Nun verlange ich ja gar nicht unbedingt eine komplette Rückkehr zu alten Tugenden. Aber zumindest würde ich mir noch viel häufiger Sondereditionen von Spielen wünschen. Selten wegen der zusätzlichen Features, sondern vielmehr, um mir auch eine im Regal wieder ansehnliche Spielesammlung aufbauen zu können.

Warum über dem Artikel ein Bild von The Witcher prangt? Ach ja, hätte ich fast vergessen: Ich hab mir tatsächlich die Limited Edition des Spiels vorbestellt. Noch so ein schöner, großer Karton zum Ausstellen. Dabei ist das Coverartwork der Ausgabe gar nicht mal so berauschend. Dafür bin ich umso mehr auf das beiliegende Artbook gespannt, das immerhin stolze 204 Seiten umfassen soll. Ich hoffe mal nicht getackert. Wenn die Bilder dann vielleicht auch noch kommentiert sind, könnte man wirklich endlich mal einen schönen Einblick in die Entstehungsgeschichte eines Spiels bekommen. Abseits von immer gleichen Making Ofs. Eine Soundtrack-CD mt 29 Titeln soll dem Ganzen übrigens auch noch beiliegen. Und wenn ich mir die Musik auf der offiziellen Website so anhöre, scheint der Komponist ganze Arbeit geleistet zu haben. Wenn sich der ganze Soundtrack auf diesem Niveau bewegen sollte, könnte er glatt zu einem Dauerbegleiter während langer Bahnfahrten auf meinem iPod werden.

Hatte ich neulich noch gesagt, Rollenspiele wären sowieso alle gleich und damit auf Dauer uninteressant? Ich werde The Witcher trotzdem eine mehr als faire Chance geben. Allein schon, weil mich das Setting fasziniert. Ein Hauptcharakter, der jenseits der üblichen Schwarz/Weiß-Malerei von Gut und Böse steht, sondern vielmehr sehr vielschichtig angelegt zu sein scheint und von der Bevölkerung nur mit sehr viel Misstrauen angenommen wird? Schonmal ein sehr netter Anfang. Ohne es jemals angespielt zu haben, gefällt mir jedoch auf Anhieb die Art und Weise, wie CD Projekt moralische Entscheidungen in das Game integriert. Dass man nicht zwischen guten und schlechten Handlungen wählt, die einen dann entweder gut oder böse werden lassen, ansonsten aber kaum Auswirkungen auf das Spielgeschehen haben, sondern Entscheidungen nicht nur auf moralischer Basis gefällt werden, klingt spannend. Ob ich jemandem helfe oder nicht, einen Widersacher erledige oder ihn leben lasse, hat nicht mehr nur zur Folge, dass mir ein Heiligenschein oder Hörner wachsen und ich von der Bevölkerung als Strauchdieb oder Gutmensch bezeichnet werde, sondern kann sich unter Umständen ganz entscheidend auf den weiteren Spielverlauf auswirken. Etwa, indem ein nicht getöteter Widersacher sich an späterer Stelle vielleicht einen für mich wichtigen Informanten zur Brust nimmt. Oder so. Klingt in der Theorie in jedem Fall faszinierend. Wie es sich dann tatsächlich spielt, wird sich aber noch zeigen müssen.

Nimmt man die bisher veröffentlichten Screenshots und Videos, scheint mich jedenfalls eine extrem atmosphärische Welt zu erwarten. Bioware’s Aurora Engine, die bei The Witcher als Grafikgerüst dient, mag zwar schon sehr in die JAhre gekommen sein – den Entwicklern scheint es aber tatsächlich gelungen zu sein, sie so dermaßen aufzubohren, dass sich damit auch heute noch eine beeindruckend stimmungsvolle Welt präsentieren läßt. Mir jedenfalls gefällt der eher dreckig-düstere Stil deutlich besser als etwa das klinische Oblivion oder das grafisch schon sehr nette Gothic 3. Wie gesagt, obs spielerisch tatsächlich was wird, bleibt noch abzuwarten. Ich freu mich aber jetzt schon auf lauschige Winterabende in der Vorweihnachtszeit, an denen ich durch Hexer Geralt’s Welt wandern und mich gelegentlich an dem ein oder anderen Lagerfeuer wärmen darf. Dazu eine Tasse Glühwein und alles wird gut.

15 Comment

  1. Bedenke: Viele Ambitionen können bei ungenauer Arbeit auch unzählige Bugs mit sich bringen.

    Mich hat “The Witcher” in den letzten Previews bereits wieder ein wenig abgeschreckt, nachdem ich anfangs auch sehr begeistert war. Ich meine: Wie passt denn bitte absolute Entscheidungsfreiheit mit dem Fakt zusammen, dass Hecken als Levelbegrenzung dienen müssen?

    Vielleicht bin ich aber auch nur deswegen desinteressiert, da es bei mir eh nicht laufen würde. View all comments by Knurrunkulus

  2. Entschiedungsfreiheit und die Freiheit, alles frei zu erkunden, sind ja noch zwei paar Schuhe.
    Mich persönlich stört es nach wie vor herzlich wenig, wenn mal irgendwo eine Hecke oder sowas im Weg steht. Bei komplett frei begehbaren, riesigen Welten fühle ich mich immer dezent überfordert. Man verbringt einfach zuviel Zeit mit sinnlosem umherirren. Und außerdem stößt man doch irgendwann auf eine Grenze. Ich werd aber ganz gerne auch ein wenig an der Hand genommen und in eine grobe Richtung geführt… zumal sich ja nur so eine wirklich zusammenhängende Story ordentlich erzählen läßt. View all comments by Christian

  3. Das kann ich unterschreiben… View all comments by Arkion

  4. Hmm, bei den ersten Previews war ich auch recht angetan vom Spiel. Und bei den neueren wurde ich wieder abgeschreckt. Irgendwie sah mir das Kampfsystem zu “Wirr-Warr” aus.

    Ich muss wohl auf ein gescheihtes Auseinandernehmen deinerseits warten bevor ich mich für einen Kauf entscheide 😉

    Was mir gerade noch einfällt: Ich lese deinen Blog hauptsächlich über einen Feedreader, da sind die Tags bißchen störend. Ich kann dann deine schreiberische Schöpfung nicht in einem Zug aufnehmen 😉
    Hier gibts ein Plugin das dem Reader-Nutzer erlaubt alles zu lesen. Wäre vielleicht eine Überlegung wert 🙂
    http://wordpress.org/extend/plugins/full-text-feed/#post-547 View all comments by Rauschi

  5. Hmm, ich muss leider zugeben, dass ich mir um meine Feeds noch nie groß Gedanken gemacht habe. Ich selbst nutze nach wie vor keinen einzigen Feedreader, sondern klappere Seiten noch auf die altmodische Art ab.
    Kannst Du mal genauer beschreiben, was nicht so recht funktioniert?
    Meinst Du den -Tag?

    Irgendwie finde ich gar nicht so verkehrt, dass nicht der ganze Text im Feed-Reader gezeigt wird. Die Seite ist ja schließlich dafür da, dass sie zum Lesen besucht wird.

    :-/ View all comments by Christian

  6. Der hat mir eben was unterschlagen. Ich meine den “more-Tag”. View all comments by Rauschi

  7. Ich weiß nicht. Wenn ich mir beispielsweise Feeds im Google-Reader anschaue, hat das ungefähr den Charme von einer Tabellenkalkulation. Finde gerade schön, wenn man einen Text in seinem jeweiligen ‘natürlichen’ Umfeld komplett liest und per Reader mehr so den Hinweis darauf bekommt, dass was neues da ist.

    EDIT: Mir wird grad erst Dein Dilemma wieder bewußt. Für ein 56k-Modem ist die Seite wohl wirklich etwas groß, der Feedreader praktischer.
    OK, Kundenwunsch wird schnellstmöglich umgesetzt. View all comments by Christian

  8. Ja natürlich ist es optisch reizender einen Artikel samt Umfeld zu lesen. Aber ich bin jetzt schon Stammleser von ca 20 Blogs und jede Seite einzeln anzusurfen verschlingt einfach viel Zeit.
    Privat nutze ich den Feedreader und auf Arbeit den GoogleReader. Natürlich sind die Programme simpel gestrickt, aber sie erfüllen ihren Zweck des Zeitsparens.

    Und danke das du das PlugIn integriert hast 😉 View all comments by Rauschi

  9. Ich selbst nutze nach wie vor keinen einzigen Feedreader, sondern klappere Seiten noch auf die altmodische Art ab.

    DAS nenne ich mal Oldschool. Oder heißt das mittlerweile Web 1.0 😀

    Ich warte mal auf ein Review über Witcher. Irgendwie war ich mal angetan von dem Spiel und irgendwas machte es nicht mehr schmackhaft. Aber ich weiß nicht mehr was es ist.
    Mal abwarten. Ist ja nicht so, als hätte man sonst nix zu spielen 😀 View all comments by suicide

  10. Und danke das du das PlugIn integriert hast

    Öh, hab ich doch noch gar nicht.

    Ist ja nicht so, als hätte man sonst nix zu spielen

    Einer der Gründe, warum ich mir Witcher eigentlich gar nicht erst hätte kaufen dürfen. 🙁 View all comments by Christian

  11. Uuuh Ohhhh, wenn ich mir die Review auf Gamestar.de durchlese, bekomme ich ein ganz flaues Gefühl in der Magengegend. Bugs ohne Ende. Hoffe mal inständig, dass es mit dem ersten Patch ordentlich spielbar wird. Vom Spielprinzip als solchem bin ich trotz des Tests nach wie vor überzeugt. View all comments by Christian

  12. Ach, auf den Test wollte ich dich gerade aufmerksam machen.

    Was mich aber noch viel mehr aufregt, maßlos nämlich, ist die Tatsache, dass unter dem Test mal wieder Leute, die nix Besseres zu tun haben, GameStar vorwerfen müssen, sie würden “The Witcher” nur deshalb so abwerten, damit auf keinen Fall ein Rollenspiel über die Wertung von “Gothic 3” herauskommt.

    Ich meine: Wo leben wir denn? Soll das heissen, die GameStar sei bestechlich? Lächerlich.

    Ich glaube immer mehr, dass ich demnächst mal in einem Blog-Eintrag eine Lanze brechen sollte für das Magazin, mal erläutern sollte, wieso es für mich immer noch das Nonplusultra seiner Art ist.

    Bei “Gothic 3” wandten sich alle gegen den Publisher, bei “The Witcher” ist die GameStar schuld. Verkehrte Welt. View all comments by Knurrunkulus

  13. …Andererseits finde ich schon auffällig, dass das völig vermurkste Gothic 3 trotz vieler gegnläufiger Stimmen soviel besser bewertet wurde als The Witcher, bei dem die Spielbarkeit trotz der vielen Bugs kaum zu leiden scheint, und das auch im Spielverlauf deutlich interessanter zu sein scheint.

    Und ja, zu einem gewissen Grad muss man jedem Magazin, und damit auch der Gamestar Käuflichkeit vorwerfen. It’s all about business, und man vergräzt bei auch in der eigenen Redaktion im Vorfeld groß gehypten Spielen ungern die zugehörigen Anzeigenkunden. View all comments by Christian

  14. Ich bin mal gespannt was der Christian über Witcher schreibt. So! 😀 View all comments by suicide

  15. So, der Patch auf Version 1.1 ist schon da. Mein Spiel wäre es eigentlich auch, aber der verdammte Jugendschutz hat erfolgreich verhindert, dass ich es heute schon in Händen halten kann. Warum? Weil der Postbote, dem ich meinen Personalausweis vorzeigen muss, damit er mir das Päckchen gibt, 6 Minuten vor mir im Büro war und mindestens 5 Minuten vor mir wieder verschwunden ist. Danke, liebe Deutsche Bahn, Danke, liebe Bundesregierung.

    Den Patch 1.1 zu The Witcher gibt es übrigens hier:
    http://www.de.atari.com/index.php?pg=product&id=604

    Frage mich bloß, warum zum Henker nochmal man sich unbedingt bei Atari registrieren muss, um Zugriff auf Patches zu erhalten. *wutschnaub* View all comments by Christian

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