Altherren-Action à la Carte

Nochmal ein kleiner Blick über den spielerischen Tellerrand hin zum Musicbiz. Oder genauer gesagt: Hell yeah, ich war gestern beim Stones-Konzert. Und soviel gleich vorweg: Schön wars. Wahrscheinlich wird sich jetzt alle Welt denken ‘Oh Gott, die alten Säcke, die will doch keine Sau mehr sehen. Brauch kein Mensch’. Mag für manchen stimmen. Für mich nicht. Ich hab sich vorher noch nie live gesehen und deshalb die Möglichkeit, sie vor ihrem bestimmt innerhalb der nächsten 20 Jahre anstehenden Dahinscheiden noch schnell zu sehen, gerne wahrgenommen. Einziger Wehrmutstropfen an der Sache: Das Konzert fand in der LTU-Arena zu Düsseldorf statt. Welche mit Sicherheit für alles mögliche berühmt ist – für ihren guten Sound aber mit Sicherheit nicht. Ganz im Gegenteil. Was sich schon bei Madonna damals abgezeichnet hat, fand gestern Abend traurige Bestätigung. Musik klingt in der Halle ungefähr so, als würde eine drittklassige Rumpelpunk-Kapelle in einem riesigen Blecheimer auf Ölfässern Polka spielen. Statt aber nun zu versuchen, dem Dilemma der schlechten Akustik durch filigranes Soundmischertum entgegenzuwirken (es gehen Legenden, dass dem Tonmann von Genesis tatsächlich das Wunder eines ordentlichen Klanges geglückt sein soll), rotzt der Typ am FOH den Rängen in Nähe der Delay-Boxen lieber ein volles Pfund kreischender Höhen entgegen.

Nach ungefähr 3 Songs konnte ich mich entsprechend nicht des Eindrucks erwehren, meine Hirnmasse wolle mir als blutiger Klumpen zu den Ohren heraussickern. Also erstmal Tempo in den Gehörgang. Danach wirds dann immerhin annehmbar und man erkennt sogar, welche Songs einem da entgegenschallen. Wenngleich nicht immer sofort bei den ersten Akkorden.

Die Show dagegen überzeugt auf ganzer Länge. Allein die Bühne ist wieder einmal absolut gigantoman. Sieht zwar auf den ersten Blick bei Tageslicht noch etwas unscheinbar aus (aber riiiieesig), entfaltet aber spätestens bei anbrechender Dunkelheit ihr volles Potential in Form von haushohen Videoprojektionen, Lightshow bis der Arzt schon wieder geht, Feuerwerk und Pyroshow, sowie einem beweglichen Mittelteil, der im späteren Verlauf der Show mal eben so komplett Richtung Zuschauerränge gefahren wird. Wo die Herrschaften Jagger, Richards und Co. dann ein beinahe schon intimes Clubkonzert im Konzert geben. Nur eben vor 30.000 Leuten oder so. A propos Zuschauer: Obwohl die Bühne quer in der Halle stand, was allein schon wegen ihrer beiden Ausleger links und rechts bitter nötig war und wodurch die Hälfte der möglichen Kapazität mal eben wegfiel, war das Konzert bei weitem nicht ausverkauft.

Und die Stones selbst? Spielten eine schöne Mischung aus Klassikern, nicht ohne auch einige vielleicht weniger bekannte Songs darzubieten. Trotzdem durften Hits wie Paint it Black, Start me up, Brown Sugar und  Sympathy for the Devil (um nur einige wenige zu nennen) natürlich nicht fehlen. Dabei absolvierte vor allem Frontsau Jagger ein nach wie vor unglaubliches Laufpensum auf der Bühne, indem er stetig von einer Seite zu anderen (100-150 Meter) eilte. In Anbetracht seines doch ganz schön fortgeschrittenen Alters mehr als beachtlich. Dafür wurde dann eben häufiger mal das Shirt gewechselt. Keith Richards glänzte vor allem mit seinem recht eigenen, um nicht zu sagen teilweise einfach nur schrägem Gesang und seinem ansonsten gewohnt lässigen Gitarrenspiel, wobei ihn der Rest der Band sehr solide unterstützte. Was will man auch anders erwarten, die Jungs sind seit Äonen aufeinander eingestimmt.  Wobei: die zwischendurch eingesprengselten Improvisationen klangen teilweise doch recht schräg. Aber irgendwie passte doch immer alles zusammen. Alles in allem also ein rundes Erlebnis mit großer Musik und fast noch größerer Show. Nicht mehr und nicht weniger als ich erwartet hatte.

2 Comment

  1. Das mit der Halle ist geil, oder? Wir haben da vor ein paar Monaten Depeche Mode gesehen…
    So eine beschissene Akkustik habe ich selten erlebt. Für Konzerte ist das Teil eine absolute Fehlkonstruktion. Aber hey: Abgenommen ist abgenommen! Jetzt steht das Teil da rum. View all comments by SpielerZwei

  2. Wer da damals durchgegangen ist und gesagt hat ‘Hey, die Halle ist bestimmt super für Konzerte’ muss taub gewesen sein. Ganz eindeutig, ja. Und nur für drittklassigen Fußball war sie dann wahrscheinlich einfach zu teuer, also müssen sich jetzt zwei Generationen lang Konzertbesucher quälen lassen, bis der Kasten sich rentiert hat. View all comments by Christian

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